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OUw - Ökosysteme/Umwelt: Variable Faktoren - Biotische Wechselwirkungen
Gasteinertal - Ökologie Ökologie
Gasteinertal
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Umwelt . Gasteinertal

Biotische Wechselwirkungen

Biotische Wechselwirkungen, allgemein als Interferenzen bezeichnet - können sich zwischen Individuen einer Population oder zwischen Individuen verschiedener Arten ergeben. Biotische Wechselwirkungen zwischen autotrophen Pflanzen reichen von Konkurrenz bis zur Kooperation, wobei Raumverdrängung und der Kampf ums Licht oder um Nährstoffe bzw. Wasser im Boden ebenso eine Rolle spielen wie Veränderungen des Klimas, chemische Wirkstoffe u. a.
Zu den Beziehungen zwischen Heterotrophen und Pflanzen gehört die Allelopathie von Antibiotika produzierenden Actinomyceten und Pilzen gegenüber Bakterien und die Schutzwirkung von endophytischen Pilzen im Blattgewebe gegen Herbivore. Wichtig sind die Wechselwirkungen zwischen autotrophen Pflanzen und pilzlichen Symbionten in Flechten und bei Mykorrhiza als Kommensalen.

Wechselwirkung zwischen Pflanze und Pilz

Pilze können bestimmte Gehölzarten befallen und diese im Wachstum beeinträchtigen oder gar völlig eliminieren. Als Beispiel sind die europäische Feld-Ulme (Ulmus minor, Pilz Ophiostoma ulmi) und die östlich-nordamerikanische Castanea dentata (Pilz: Endothia parasitica, 1904 aus China eingeschleppt) bekannt. Des Weiteren wurden erstmals 2016 Schäden an Eschen (Fraxinus excelsior) festgestellt, die vom Pilz - Hymenoscyphus pseudoalbidus - herrühren. Hymenoscyphus lebt auf den Blattspindeln abgeworfener Eschenblätter. Seine Nebenfruchtform - Chalara fraxinea - löst das Eschentriebsterben aus.

Chrysomyxa rhododendri

Picea abies - Rhododendron spec.

Im August 2009 hat sich im Gasteinertal unübersehbar der Fichtennadelblasenrost - Chrysomyxa rhododendri - ausgebreitet und alle Fichten oberhalb etwa 1.500 m bis 2.000 m Seehöhe befallen, ohne diese aber wesentlich zu schädigen. Das gesamte Gasteinertal war betroffen, von Klammstein bis hinein in das Nassfeld. Lediglich das Korntauern- und das Reedseegebiet blieben überwiegend verschont.

Fichtennadelblasenrost im Gasteinertal
Graukogel
Fichtennadelblasenrost
Graukogel
Fichtennadelblasenrost
Haitzingalm
Fichtennadelblasenrost
Haitzingalm

Der Fichtennadelblasenrost bzw. deren Sporen vermehren sich auf den Blättern der Alpenrosen Rhododendron ferrugineum und Rhododendron hirsutum, welche im Gasteinertal sehr häufig vorkommen. Diese überwintern, indem sie eine besondere Art von resistenten Sporen (Teleutosproen) bilden. Im Frühjahr nach der Schneeschmelze (Mai/Juni) reifen diese Sporen und produzieren nach ihrer Keimung Basidiosporen, welche nun die Fichtennadeln befallen. Auffallend gelb leuchtend verfärbte Nadeln sind dann das auffälligste Symptom, wobei je nach bevorzugter Windrichtung die Fichten mehr oder weniger befallen werden. Das Pilzgeflecht durchwächst die jungen Fichtennadeln und bildet orange-gelbe Pusteln, wo die Sporenbildung erfolgt (Aecidien). Die leeren Aecidien bleiben dann als weiße, leere Hüllen auf den Nadeln erhalten. Diese Aecidien befallen dann die Blätter der Alpenrose und bilden wieder Sporen (Uredosporen). diese infizieren immer wieder neue Alpenrosenblätter (Selbstinfektion).

Fichtennadelblasenrost in Sportgastein
Nassfeld
Chrysomyxa rhododendri
Fulseck
Fichtennadelblasenrost, Fulseck
Fulseck
Fichtennadelblasenrost
Rastötzenalm

Die offensichtliche Lebensgemeinschaft zwischen Pilz Chrysomyxa rhododendri und der Fichte Picea abies spricht für eine hohe gegenseitige Anpassung, wird aber auch insbesondere durch klimatische Einflüsse beeinflusst und reguliert. Die Dauer der liegenden Schneedecke, welche die Alpenrosen zur Gänze bedecken und sehr kalte Winter sind ungünstige Faktoren für den Pilz, die feuchte kühle Witterung im Frühling begünstigen hingegen die Fichte in Stoffwechsel und Abwehrkraft. Der lange Winter 2008/09 mit Schneeschmelze erst Ende Mai - Wiedneralm - schien diesmal die Fichte geschwächt zu haben, der Pilz hingegen war mit der Ausbreitung seiner Basidiosporen wohl optimal in der Zeit. Ob der Pilz durch Insekten oder anderen Pilzen dezimiert wird (Gallmücken etc.) ist für diese Spezies nicht bekannt.

Hymenoscyphus pseudoalbidus

Chalara fraxinea - Fraxinus excelsior

Das Falsche Weiße Stängelbecherchen - Hymenoscyphus pseudoalbidus - gilt als Doppelgänger zum Weiße Stängelbecherchen - Hymenoscyphus albidus - und ist als Verursacher des neuerdings auch im Gasteinertal auftretenden Eschensterbens. Beide sind morphologisch nicht, sondern nur molekulargenetisch unterscheidbar oder aber durch seine Auswirkungen, dem Eschensterben. Der Name - Stängelbecherchen - rührt daher, dass dieser Pilz an den Spindeln der Eschenlaubblätter becherartige, weiße Fruchtkörper bildet, die als - Chalara fraxinea - eine Nebenfruchtform bezeichnet werden.
Der Pilzbefall erfolgt durch die Nebenfruchtform - Chalara fraxinea - welcher im Sommer grüne Blätter von Fraxinus excelsior und deren Blattstiele besiedelt, um danach in das Holzgewebe einzudringen. Es kommt zu gelblichockerfarben bis rostrot marmorierten Rindenverfärbung, zuerst der Äste und zuletzt am Stamm. Die Blätter sterben ab und die Baumkrone lichtet sich. Stark befallene Eschen weisen sog. Regenerationsnester auf, die ausschließlich diesjährigen Ersatztrieben entsprechen. Triebe sterben bereits im Frühjahr und Frühsommer, wobei es oberhalb der Rindennekrosen zum Verwelken der Blätter kommt. Diese werden braun bis schwarz und bleiben relativ lange am Baum. Die Fruchtkörper hingegen sind erst ein Jahr später an den abgefallenen Blattspindeln der Esche im Bodenstreu vorzufinden.
Die Fortpflanzung des Pilzes erfolgt wahrscheinlich durch Spermatogamie, also durch Befruchtung der Ascogonien durch die asexuell gebildeten Sporen des Chalara fraxinae-Stadiums. Durch diese sog. heterothallische Fortpflanzung kommt es in jeder Generation zur Rekombination des Erbmaterials, was ein hohes Anpassungspotential an den Wirt und den Umweltbedingungen sicherstellt. Abgesehen von der genetischen Vielfalt, die dieser Pilz aufweist, scheinen aber fehlende Resistenzmechanismen gegen den invasiven seitens der Esche im Vordergrund zu stehen.

Eschensterben im Gasteinertal
Schon im Jahr 2016 weisen viele der Eschen, insbesondere im Tal und den Hanglagen auffällige Krankheitssymptome auf. Im Jahr 2017 dann zeigen die Eschen eindeutige Krankheitssymptome mit schütterer Belaubung und beinahe kahler Baumkrone. Zunächst wurden die Symptome als Spätfrostschäden fehlinterpretiert, ist nun aber wohl eindeutig dem Pilzbefall zuzuordnen.
Der Pilz ist während der gesamten Vegetationsperiode auf vorjährigen und älteren Blattspindeln nachzuweisen. Das Blatt selbst stirbt relativ rasch ab, die Blattspindel hingegen verrottet nur langsam, sodass der Pilz genug Zeit zur Verfügung steht, Fruchtkörper auszubilden, um danach die infektiösen Sporen auszubilden. Das Mycel der Ascosporen dringt über die Blattstiele der Triebe ein und infiziert Mark und Xylem mit der Folge von Kambiumnekrosen. Im nächsten Frühjahr sind die Triebe geringelt und zur Spitze hin abgestorben. Das Mycel bildet dann die Nebenfruchtform - Chalara fraxinea aus, welche makroskopisch nachzuweisen sind. Mit makroskopisch nachweisbaren Fruchtkörperbildungen ist ab Juli/August zu rechnen.
Die Einstufung des Krankheitsbefalles von Eschen ist u. a. durch Merkmale wie Blattverlust, abgestorbene Zweige und Äste und die Ausbildung einer Sekundärkrone möglich. Dabei kommt es zunächst bis zu 1/3 zum Blattverlust, was die Baumkrone entsprechend lichtet. An der Außenkrone sind tote Triebspitzen sichtbar (Stufe 1). In weiterer Folge wird die Krone "schütter" und wird durchsichtig. Dabei liegt schon ein Blattverlust bis 50% vor (Stufe 2). Weist der Blattverlust dann schon bis 80% auf und sind noch einzelne Äste mit einem verbuschungsähnlichen Bild sichtbar ist die Stufe 3 erreicht. Zuletzt ist nur mehr eine Restkrone vorhanden mit Starkastausbrüchen (Stufe 4) und der Baum wird blattlos und stirbt ab (Stufe 5).
- Quelle: Boniturschlüssel zur Einstufung der Vitalität von Alteschen von Heike Lenz, Ludwig Straßer, Martin Baumann und Ulf Baier

Fraxinus excelsior Baumkrone, Bad Hofgastein Fraxinus excelsior Baumkrone, Bad Gastein Fraxinus excelsior Baumkrone, Bad Hofgastein Fraxinus excelsior Jungesche, Bad Hofgastein

Symptome: Zunächst weist die Mittelrippe des Blattes bräunliche Verfärbungen auf (Mai), danach verwelkt das gesamte Blatt (Juli). Das bräunlich verwelkte Blatt fällt jedoch nicht sofort ab, sondert verbleibt am Baum. Die Blattstiele weisen eine ockerfarbene bis rostrote Rindenverfärbung auf, jedoch ohne Rindenrisse.
Krankheitsverlauf: Ein schon älterer Baum versucht den Schaden durch verstärkten Austrieb zu kompensieren. Dadurch weist die Baumkrone vermehrt einerseits lichte Stellen und andererseits Verbuschung der Krone auf. Jungpflanzen zeigen einen besonders raschen Verfall, da die Jungtriebe rasch absterben und im Folgejahr auch der Sekundäraustrieb betroffen ist.

Wechselwirkung zwischen Pflanze und Tier

Besonders vielfältig und ökologisch bedeutungsvoll sind die biotischen Wechselwirkungen zwischen Pflanze und Tieren. An erster Stelle sind hier die phytophagen bzw. herbivoren Tiere als Primärkonsumenten zu nennen. Dabei können entweder Insekten (Blattläuse, Borkenkäfer), Schnecken oder Säugetiere (Kleinsäuger, Wiederkäuer) durch Fraß oder Saugen an vegetativen Organen, Blüten und vielfach auch Samen sehr beachtlichen Schaden anrichten. Der dadurch bedingte Selektionsdruck hat zur Ausbildung vielfältiger Abwehrmechanismen geführt (Dornen, Stacheln, Brennhaare, Kristallnadeln, Bitterstoffe etc.). Weidetiere schädigen durch Fraß vor allem den Jungwuchs von Holzpflanzen und fördern damit die regenerationskräftigen Gräser und Stauden des Grünlandes. Weitere Standortveränderungen ergeben sich durch Tritt (Bodenverdichtung, mechanische Schädigung) und Düngung. Als Folge nehmen vielfach vom Vieh gemiedene "Weideschädlinge" überhand, in Mitteleuropa z.B. Juniperus communis, Berberis vulgaris, Prunus spinosa, Carduus, Cirsium, Nardus stricta sowie Arten von Rumex, Ranunculus, Apiaceae etc., welche auch Giftstoffe enthalten.

Borkenkäfer - Fichte
Das zunehmend milde Klima im Gasteinertal, insbesondere die außergewöhnlich hohen Temperaturen im April und das gleichzeitige Niederschlagsdefizit gekoppelt mit Windwurfschäden durch Föhnstürme haben die gefürchteten Borkenkäfer, insbesondere den Buchdrucker zur Massenvermehrung angeregt. Als Rindenbrüter bohren sie sich in die Rinde von noch lebenden Bäumen, ernähren sich vom Bast der Rinde und bringen so die Bäume zum Absterben. Normalerweise befallen derartige Borkenkäfer nur geschwächte bzw. bereits absterbende Nadelbäume, die sie als Brutstätte nutzen, indem sie unter der Rinde Eier ablegen. Günstige Witterungsverhältnisse und absterbende Bäume nach Föhnsturm oder Schneebruch lassen aber eine Massenvermehrung zu, was auch den Befall gesunder Bäume zur Folge hat, wie es seit einigen Jahren am Eingang ins Kötschachtal unübersehbar passiert. Zudem können die Borkenkäfer unter der Rinde aufgrund der milden Winter häufig überleben (Borkenkäfer verkraften bis zu -10°C), wodurch nach einem milden Winter eine 20 - 50%ige Überlebenswahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Mangelnder Niederschlag bringt die Fichten in Stresssituation. Die dadurch resultierende geringe Harzproduktion und der verminderte Harzdruck schwächt die Abwehrreaktion. Zudem reduziert der Wassermangel die Photosynthese und somit die Zuckerproduktion. Dem Borkenkäfer ist es ein Leichtes, die Borke anzugreifen, um sich einzunisten und zu vermehren. Ein Baum kann dabei von mehreren 10.000 Individuen befallen sein.
Internet-Quellen : waldwissen.net

Fichtensterben im Gasteinertal
Insbesondere am Eingang des Kötschachtales hat sich der Borkenkäfer wohl schon seit einigen Jahren massenhaft vermehrt. Immer wieder sind abgestorbene Baumgruppen in den Fichtenwäldern bis hinauf zur natürlichen Waldgrenze auszumachen. Jährliche Föhnstürme, zuletzt im - Dezember 2017 - haben immer wieder große Fichtenbestände vernichtet. Derartige Windwurfflächen, verbunden mit milden Wintermonaten und der anschließenden Trockenheit, insbesondere im Monat April haben es dem Borkenkäfer leicht gemacht, geschwächte und durch den Föhnsturm umgeworfene Bäume zu befallen, zu überwintern und im Frühjahr massenhaft auszuschwärmen.
Zahlreiche noch gesunde aber bereits vom Borkenkäfer befallene Bäume mussten und müssen immer noch großflächig geschlagen werden, da frisch befallene Bäume die massenhaft abgelegten Eier enthalten. Eine zunehmende Frühjahrskäferpopulation kann verhindert werden, wenn befallene Fichtenbäume frühzeitig erkannt und entfernt werden. Dabei muss der Baum samt Rinde sofort abtransportiert werden, da sich der Käfer in der Rinde hält. Resthölzer müssen gehäckselt und im Wald verbleibende Rindenhaufen abgedeckt werden.

Borkenkäferbefall, Kötschachtal Borkenkäferbefall, Kötschachtal Borkenkäferbefall, Kötschachtal
Kötschachtal
Borkenkäferbefall, Anlauftal
Anlauftal

Wechselwirkung zwischen autotrophen Pflanzen

Loiseleuria - Cetraria

Loiseleuria procumbens ist extrem widerstandsfähig gegen Windstärken bis 40 m/s und erträgt Frost bis –30 °C; aber auch Hitze bis +50 °C werden ohne Schaden hingenommen. Anthocyanen als Sonnenschutz färben die Blätter rostrot. Der Morgentau und auch das Wasser bei der Schneeschmelze kann zudem direkt über die Blätter aufgenommen werden. Loiseleuria ist an arktisch-alpinen Winddecken mit Strauchflechten der Gattung Cetraria (z. B. Cetraria islandica) und anderen Flechten der Familie - Parmeliaceae - oder der Familie - Cladoniaceae - vergesellschaftet. Den Flechten bietet Loiseleuria eine feste Verankerung. Die aufragenden Thalli der Strauchflechte bieten andererseits dem Blätterteppich des Zwergstrauches Schutz vor den Wind, was dem Winddeckenstrauch kleinklimatisch sicherlich Vorteile bringt. Die Pflanze bildet auch noch eine Symbiose mit Stickstoff bildenden Pilzen.
Vorkommen in Gastein: Tennkogel, Schmalzscharte, Paarseen, Stubnerkogel. insbes. Windkantengesellschaften.

Loiseleuria-Cetraria, Stubnerkogel
Stubnerkogel
Larix decidua - Vaccinium

Keimlinge und Jungpflanzen sind im Konkurrenzkampf viel stärker gefährdet als etablierte Altpflanzen. Auf Rohböden oder auf Kahlstellen überleben die keimenden Samen der Lärche - Larix decidua - und/oder der Föhre - Pinus, nicht aber auf einer Moos- oder Zwergstrauchschicht. Hier ist nämlich das Lichtangebot viel zu gering (dichter Wuchs der Zwergstrauchheiden) und die Luftfeuchtigkeit derart hoch (ungünstiges Mikroklima), dass die Keime überwiegend dem Pilzbefall und Schneckenfraß zum Opfer fallen.

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Ökosysteme/Umwelt - Biotische Wechselwirkungen
© 2004 (Rev. 2019) Anton Ernst Lafenthaler
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