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Pfarrer Ekkehart Lebouton beschreibt in seinem Büchlein "Die Lutherischen in Gastein" den geschichtlichen Hintergrund und die Situation der Protestanten, insbesondere im Gasteinertal. Er nennt darin auch namentlich alle Personen, die in der Zeit der Protestantenverfolgung das Gasteinertal verlassen mussten.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war das Gasteiner Tal von regen Leben und Treiben erfüllt.
Es war kein stilles, von der übrigen Welt abgeschnittenes Gebirgstal.
Das Tal zählte damals etwas 6000 Einwohner.
Die Gewerken waren meist hochgebildete, aufgeschlossene Menschen, die mit der damaligen Welt und
den bedeutendsten Persönlichkeiten in Verbindung standen. Sie verfügten über die nötigen Mittel,
um sich Bücher zu beschaffen. Viele von ihnen waren von Kärnten, Steiermark, Tirol oder aus den
süddeutschen Reichsstädten eingewandert. Von den Knappen stammten auch mehrere aus Sachsen und Franken.
» Bauernaufstände 1525 und 1526 «
Zur Zeit der Aufstände 1525 und 1526 bekannten sich die Salzburger Protestanten zum ersten Male
in größerer Zahl zu ihrem Glauben. Nur die Gasteiner hatten ihre Forderungen formuliert und hatten auch
die Organisation des Aufstandes übernommen.
Weitmoser wurde dabei zum Hauptmann und Veithen Siner zum "Fendrich" gewählt.
Erasmus Weitmoser, der Begründer der 1603 ausgestorbenen bedeutendsten Gewerkendynastie musste allerdings
fliehen unter Hinterlassung von 10.000 Gulden Schulden, die er in den Aufstand hineingesteckt hatte.
» Martin Lodinger «
Martin Lodinger war Patenkind des Erasmus Weitmoser und möglicherweise in den Aufstand verwickelt.
Seine Frau aus Nürnberg war Kaufmannstochter. Lodinger stand mit Martin Luther brieflich in Verbindung
Anno 1533 sind die Lodinger als erste Exulanten des Gasteiner Tales nach Nürnberg
ausgewandert. Lodinger richtet von Nürnberg aus Trostbriefe und Vermahnungen an seine Landsleute.
Sein Erbgut "am Ardacker zu Wildbad Gastein" übernahm sein Gesinnungsbruder
Wolf Straßer. Später ging es in katholische Hände über und steht heute noch am Höhenweg neben dem Cafe
Gamskar. Martin Straßer gedenkt an ihn mit den Worten: "Von Eurem Hof ist uns das neue Licht
aufgegangen. Daselbst in diesem Tale Martin Luther geboren. Euer Hof soll von nun an - Lutherhof -
heißen zum ewigen Gedächnis. Das sage ich Euch zu Ehren, was andere zuvor haben zum Spott geredet."
- Epithaphien - der Kirche in Hofgastein und Badgastein (Nikolauskirche) erzählen von den ehrwürdigen
Geschlechtern der Strasser von Neidegg und berichten von der Jahrhunderte lang hier ansässigen und geehrten
Familie der Zotten. Sie zeigen das Wappenschild des aufsteigenden Löwen und des Helms
mit der Devise "Mors omnia aequat".
Leider sind durch Unwissenheit und Intoleranz die bedeutendsten lutherischen Grabdenkmäler zerstört
oder zur Straßenpflasterung verwendet worden.
» Das Emigrationspatent Wolf Dietrichs «
Erzbischof Wolf Dietrich (1587 - 1612) gab ein Emigrationspatent heraus, wonach viele Familien,
vor allem der Stadt Salzburg zur Auswanderung gezwungen waren. Das Gasteiner Tal war von diesem Edikt
nicht betroffen, denn die meisten Knappen und Gewerken waren evangelisch und deren Auswanderung hätte
die Bergwerksbetriebe lahmgelegt. Es wurde sogar geduldet, dass diese sich zum Augsburger Bekenntnis
bekannten und gestattete sogar 1602 die Errichtung eines protestantischen Friedhofes in Hofgastein.
Die Bestattung der Witwe des Gewerken Hans Weitmoser 1603 allerdings schlug hohe Wellen wegen des Absingens
protestantischer Lieder. Der den Lutheranern zugestandene Friedhof wurde wieder geschlossen.
Quelle: "Die Lutherischen in Gastein"
von Ekkehart Lebouton, 1981
Verlag Dr. Maria Krauth KG, Badgastein
Im Buch der Vertreibung der Salzburger von Walter Mauerhofer / Reinhard Sessler wird die Ausbreitung des evangelischen Glaubens beleuchtet, gemeinsam mit der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage im Land Salzburg. Hohe Menschenverluste in den Pestjahren 1348/49 verschärfte die ohnehin schon misslichen Lage der Bauern. Viele Güter im Gebirge haben zu diesem Zeitpunkt ihre früheren Besitzer verloren. Daraufhin siedelten die Bergbauern im Tal, weil hier die Nutzflächen besser zu bewirtschaften waren. Der seuchenbedingte Verlust an Bewohnern führte zu Maßnahmen seitens der Grundherren, die eingetretenen Mindereinnahmen an Steuern nicht weiter ansteigen zu lassen. Durch das Entgegenkommen bei der Beschaffung eines neuen Gutes und durch andere Hilfeleistungen trachtete man, die Gefahr der totalen Abwanderung zu begegnen. So kam es im 15. und 16. Jahrhundert doch wieder zu einem beachtlichen Bevölkerungszuwachs.
« Grundherrschaft und die Freisassen »
Die größte Grundherrschaft in den Gebirgstälern übte der Erzbischof aus.
Die weltliche Grundherrschaft (z.B. die Herren von Goldegg) hatten im Vergleich
nur einen geringen Besitz aufzuweisen. Die Grundherrschaft stützte sich naturgemäß
auf den Besitz von Grund und Boden und die auf diesen Grundstücken lebenden Menschen.
Des Weiteren besaß die Grundherrschaft immer auch Rechte über den Bergbau, der Jagd,
die Nutzung des Waldes, die Fischerei u.a.m. und die Gerichtsbarkeit über die Untertanen.
Der Landrichter war dazu beauftragt, die Gesetze zu exekutieren ("zu pflegen" = Pflegrichter).
Damit waren auch die Funktionen des Anklägers, Richters, sowie des militärischen Kommandanten
eingeschlossen.
Der Mangel an Arbeitskräften an den Bauernhöfen zwang zum (Teil-)Verkauf von Grundstücken
an Untertanen des Landesherrn oder an den Erzbischof selbst.
Der Personenkreis, der von diesen Veränderungen betroffen war, wurde später als
"Freisassen" bezeichnet. Die Freisassen waren Eigenleute des Erzbischofs
und arbeiteten auf einer ihnen fremden Grundherrschaft. So kam es, dass noch im
15. Jahrhundert viele Salzburger Bauern dem Erzbischof noch mit dem
"Leibe zu eigen" waren (Leibeigene). Durch Veränderungen im Lehenswesen
und letztlich mit dem Inkrafttreten der österr. Gesetze wurde die Leibeigenschaft
völlig aufgehoben. Die breite Masse der bäuerlichen Bevölkerung verstand sich
in dieser Zeit als "Untertanen des erzbischöflichen Landesherrn".
Das erklärt auch die geringe Rolle, die die Leibeigenschaft als Punkt des Anstoßes bei den Bauernunruhen
in den Jahren 1525/26 gespielt hat. Außerdem hatten sich die meisten freien Bauern bis zur Mitte des
15. Jh. mehr oder weniger freiwillig in die Abhängigkeit eines Grundherrrn begeben, weil
damit die weitgehende Befreiung vom Kriegsdienst verbunden war.
« Grundsteuer, Leibsteuer, Weihesteuer, Ungeld »
Die Grundsteuer und die Herbststeuer der Freisassen (Leibsteuer) wurde an ganz bestimmten Tagen
eingehoben und zwar am St. Georgstag (14. April) und am Michaelitag (29. September).
Diese Termine haben schließlich bei der Ausweisung der Protestanten eine entscheidende Rolle gespielt.
Sie waren vom Landesherrn nicht ohne Absicht als Emigrationstermine gewählt worden.
Es ging, so verhasst die Andersgläubigen der Regierung in Salzburg auch waren, um ihr Geld,
auf das man nicht verzichten wollte. Zusätzlich wurde noch eine "Weihesteuer" eingeführt,
um die Unkosten beim Amtsantritt eines Erzbischofs zu decken. Prälaten waren ebenfalls berechtigt,
anlässlich ihres Amtsantritts eine "Weihsteuer" zu erheben. Die Eintreibung dieser Geldmittel war
allerdings oft mit erheblichen Schwierigkeiten bei der uneinsichtigen Bevölkerung verbunden.
Am Ende des 15. Jh. häuften sich die Klagen über die unerträglichen Belastungen. Neben den
Beschwerden über die Weihsteuer, die Geldentwertung in dieser Zeit sowie die willkürlichen
Schikanen der Beamten tauchten nun erstmals Klagen über die Geistlichkeit im Erzstift Salzburg auf.
« Matthäus Lang als Erzbischof »
Nachdem Matthäus Lang als Erzbischof sein Amt angetreten hatte, verlangte er von der gesamten
Bevölkerung ein überhöhtes "Ungeld" auf vier Jahre. Damit wollte er seine Auslagen, die er bei
der Kaiserkrönung und den Reichstagen hatte, abdecken. In den Städten und Märkten Salzburgs
regte sich infolge dieser überzogenen Forderungen erheblicher Widerstand. Die Bürger der
Stadt erklärten sich bereit, die Sondersteuer von 1000 Gulden bereitzustellen, wenn
sie nur nicht am Lesen von lutherischen Büchern gehindert würden.
Dieses "ungeheuerliche Ansinnen" lehnte der Erzbischof ab.
Der Widerstand auch in der Stadt Salzburg wurde aber gebrochen, nachdem Matthäus Lang aus
Tirol Söldner anforderte und mit ihnen bis nach Grödig zog. So musste die Stadt 1523
auf alle geforderten Freiheiten und Rechte verzichten und Versammlungen waren nur mit
der ausdrücklichen Genehmigung des Erzbischofs gestattet.
« Ausbreitung des evangelischen Glaubens »
Neben den Bauern als das wichtigste Arbeitskapital der Grundherren des Landes war der
Bergbau die wichtigste Einnahmequelle. Die Erzbischöfe versuchten den Bergbau durch
umsichtige "Bergordnungen" in für sie gewinnträchtige Bahnen zu lenken.
Aber nicht ausländische Bergknappen brachten die Lehre Luthers nach Gastein, sondern einheimische
Handwerker, die ihren Beruf bei Meistern im Ausland erlernten. Wandergesellen bevorzugten
das Gebiet Süddeutschland, insbesondere Regensburg, wo sie mit
reformatorischen Gedankengut in Berührung kamen. Auch die Facharbeiter, die aus Sachsen,
dem Oberharz und Nordbayern angeworben wurden, kamen mit der lutherischen Lehre
in Berührung. Auch waren viele Bergbauunternehmen in Privatbesitz, deren Familien
weiträumige Kontakte pflegten mit Handelsbeziehungen bis nach Norddeutschland.
Auch Salzburger Studenten (z.B. Christoph Weitmoser - eingeschrieben mit dem
Namen "Christophorus Woitmursser"), die an der Universität Wittenberg
immatrikuliert waren, blieb die Lehre Luthers nicht verborgen.
» Messen in deutscher Sprache «
Der Bauernstand letztlich pflegte ebenfalls Kontakte mit dem Ausland.
So wanderten weit über 100 Bauern jährlich aus den Gebirgstälern, kamen mit der
Lehre Luthers in Kontakt und lernten zunehmend Lesen und Schreiben.
Die Geistlichen, die versuchten, dem Anliegen der Bevölkerung nachzukommen und Messen
auf Deutsch zu lesen, wurden bald von der Kirchenleitung der "Ketzerei" bezichtigt.
Die z. B. selbstbewusste Bevölkerung in Rauris wehrte sich gegen das Abhalten der
lateinischen Messe auf ihre Art - mit einem Spottgedicht:
"Die im Himmel brauchen's nit, die in der Höll wollen's nit, die auf dem
Felde hören's nit, die in der Kirch' verstehen's nit".
Quelle: "Um des Glaubens willen" - Die Vertreibung der Salzburger
von Walter Mauerhofer / Reinhard Sessler, 1990 - CLV
Weiterführende und verwandte Themen : |
• Dokumentation : Emigrationspatent - 31. Oktober 1731
• Dokumentation : Protestantenverfolgung - 16. / 17. Jh. • Geschichte : Protestanten - im 16./17. Jh. in Gastein |
Anmerkung: Die Informationen wurden auszugsweise dem Buch - "Die Lutherischen in Gastein" von Ekkehart Lebouton, 1981 - und
dem Buch
"Um des Glaubens willen" - Die Vertreibung der Salzburger von Walter Mauerhofer / Reinhard Sessler
1990 CLV - entnommen.
Die Textauszüge wurden hier teilweise unverändert wiedergegeben. Beschreibung ohne Gewähr.
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© 2007 Anton Ernst Lafenthaler
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