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D - Gasteinertal/Dokumentation: Geschichte - Gegenreformation/Protestantenverfolgung im 17. Jh.
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Dokumentation . Gasteinertal

Gegenreformation

Pfarrer Ekkehart Lebouton beschreibt in seinem Büchlein "Die Lutherischen in Gastein" den geschichtlichen Hintergrund und die Situation der Protestanten, insbesondere im Gasteinertal zur Zeit der Gegenreformation. Ergänzt werden hier die Angaben durch Textauszüge aus dem Buch "Geschichte Gasteins" - von Sebastian Hinterseer.

Erzbischof Wolf Dietrich (1587 - 1612) gab ein Emigrationspatent heraus, wonach viele Familien, vor allem der Stadt Salzburg zur Auswanderung gezwungen waren. Das Gasteiner Tal war von diesem Edikt nicht betroffen, denn, da die meisten Knappen und Gewerken evangelisch waren, hätte deren Auswanderung die Bergwerksbetriebe lahmgelegt. Es wurde sogar geduldet, dass diese sich zum Augsburger Bekenntnis bekannten.

Erzbischöfe der Gegenreformation

» Erzbischof Markus Sittikus «
Erzbischof Markus Sittikus sah seine Lebensaufgabe darin, den Wall altkirchlicher Bastionen gegen die anbrandenden Wogen der neu-religiösen Elemente zu festigen. Zur Belehrung des Volkes wurden Kapuziner-Missionare ins Gebirge entsandt. Aber die Gasteiner fühlten sich bereits tief in ihrem Glauben verankert und beriefen sich darauf, das ihnen obrigkeitlicherseits das Bekenntnis zu Augsburger Konfession zugesagt wurde und sie baten bei ihrer Religion verbleiben zu dürfen. Die Bemühungen des Erzbischof fruchteten so in Gastein wenig. Im Mai 1615 wanderten 629 Menschen aus dem Gasteinertal aus.

» Der "Erzketzer" Ruepp Junger «
Mit dem Regierungsantritt des Kardinals Maximilian Gandolph, Grafen von Khuenberg, nahm das inquisitorische Vorgehen nun schärfste Formen an. Während dieser Zeit trafen sich die Lutheraner in Gastein besonders häufig zum Gottesdienst. Der "Erzketzer" Ruepp Junger, ein Bergknapp, der im Kötschachtal beheimatet war, las und sang in zahlreichen Versammlungen vor. Junger musste dann 1742 auswandern. Das Wirken Ruepp Jungers trug viel zur weiteren Festigung des evangelischen Glaubens bei. Zur Zeit der Emigration galt es als besonders belastend, wenn jemand die Lesungen Jungers beigewohnt hatte.

» Erzbischof Leopold Anton Eleutherius Freiherr von Firmian «
Erzbischof Leopold Anton Eleutherius Freiherr von Firmian ging dann mit Gründlichkeit ans Werk und bestieg am Karfreitag des Jahres 1728 zum ersten Mal die Kanzel. Er predigt die "alleinseligmachende" Lehre der katholischen Kirche und seine Bereitschaft, das Erzbistum von allen a-katholischen Elementen zu säubern. Er sah sich nach tüchtigen Predigern um, die das Volk durch Belehrung und gründliche Unterweisung zum alten Glauben zurückführen sollten. Dabei schienen ihm die Jesuiten geeignet und rief 1728 einige von ihnen ins Land. Dies war der erste Schritt zum Zustandekommen der Emigration und es kam bereits zu dieser Zeit vereinzelt zu Zwangsausweisungen.

Religionsfreiheit und Augsburger Bekenntnis

» Corpus Evangelicorum «
Da die protestantischen Landesbewohner in den Maßnahmen, mit denen man sie verfolgte, eine Verletzung des Westfälischen Friedens sahen, kamen sie auf den Gedanken, sich um Unterstützung an die evangelischen Stände des Reichstages zu wenden. Mitte Juni 1731 reisten zwei Bauern nach Regensburg und überreichten dem Corpus Evangelicorum eine Bittschrift im Namen von 19.000 Lutheranern, darunter 700 Gasteiner. Sie baten darin um Unterstützung ihrer Forderungen nach freier Religionsausübung oder ungehinderter Auswanderung. In völliger Verkennung ihrer Lage glaubten sie, den Erzbischof dadurch zum Nachgeben zu zwingen, dass sie sich in großer Zahl zu ihrem Glauben bekannten und hofften, in Erinnerung an das frühere Verhalten der Erzbischöfe, dass es wohl zu einer Auswanderung großen Stils kommen würde. Sie übersahen aber, dass der Erzbischof den bestehenden Gesetzen nach im Rechte war. Das Corpus Evangelicorum war auch deshalb über die Bittschrift der Bauern wenig erfreut. Es machte sie darauf aufmerksam, dass ihnen mehr als freie Emigration nicht zustünde und sie sich auch diese durch aufrührerisches Benehmen verscherzen könnten.

» Der Westfälische Frieden 1648 «
Der Westfälische Frieden 1648 brachte für die reichsunmittelbaren Gebiete Religionsfreiheit und bürgerliche Gleichheit beider Konfessionen. Die einzelnen Fürsten blieben aber weiterhin bemächtigt, die in ihren Ländern auszuübende Religion zu bestimmen.
So war auch die Frage, ob es sich bei den Andersgläubigen um Sektierer oder um Anhänger des Augsburger Bekenntnisses handle, juridisch insofern von Bedeutung, weil die Salzburger Regierung versuchte, ersteres zu beweisen, um sich nicht an die Bestimmungen des Westfälischen Friedens halten zu müssen. Aber schon der Besitz von lutherisch-evangelischen Büchern bewies die Zugehörigkeit zum Augsburger Bekenntnis.

» Das Augsburger Bekenntnis «
Die Lutheraner anerkannten als Sakramente nur die Taufe und das Abendmahl und verlangten dieses bekanntlich unter beiderlei Gestalten. Sie glaubten, dass der Priester nicht die Gewalt der Wandlung besäße und Christus erst beim Empfang des Sakramentes durch den Glauben gegenwärtig würde. Die ewige Seligkeit werde dem Gläubigen von Gott durch seine Gnade verliehen, die guten Werke seien dazu nicht notwendig, jedoch nützlich. Die Heiligenverehrung lehnte man ab und anerkannte den Papst nicht als Stellvertreter Gottes auf Erden. Am allerwenigsten glaubte man an ein Fegefeuer im katholischen Sinne, was bei den Verhören immer wieder zum Ausdruck kam. "Wie der Paumbh fahlt, also ligt er, also schnurr Grat Khombt man im Himmel oder gleich schnur Grat in die Höll, ein anderes Ort ist nit nach dem Sterben" (Oberhummer). Allerdings herrschten oft sehr verworrene Ansichten und man kann nicht behaupten, dass sich alle über die Unterschiede zwischen der katholischen Religion und dem Augsburger Bekenntnis im klaren waren. Vielfach wurde ja Luthers Reform als innerhalb der katholischen Kirche für sehr berechtigt angesehen und die Leute glaubten, dass sie trotzdem gut katholisch seien. "Päpstlich" allerdings waren sie nicht. Der Pfarrer bezeichnete diese Gläubigen jedoch als Lügner mit der Begründung, dass er ihnen sehr oft, sehr genau und klar darüber Aufschluss gegeben hätte - von der Kanzel.

In Gastein schien zunächst noch alles ziemlich ruhig. Man wagte sich hier, besonders in Erinnerung an das harte Schicksal der Gasteiner Auswanderer aus der Zeit Markus Sittikus viel weniger an die Öffentlichkeit und wollte sich nicht so offen zum Luthertum bekennen wie in anderen Orten des Gebirgslandes. Zu sehr scheute man alle üblen Folgen. Mehrere Verdächtige wurden zwar verhaftet (unter ihnen der alte Weißgerber Wagenpichler, bei dem sich auch andere Bücher ausgeliehen hatten; Wagenpichler war einer der führenden Protestanten), doch leugneten sie anfänglich, bejahten aber fast alle , dass sie gut katholisch seien und gaben meistens ausweichende Antworten. Dass es kein Fegefeuer gäbe, bekräftigten aber fast durchwegs alle.

Es war äußerst schwierig aus den Bauern etwas herauszubekommen. Die Leute waren starrköpfig. Sie wurden aber in den elenden "Khaichen", in denen bald jeder gesundheitlichen Schaden litt, schnell mürbe gemacht. Vier Khaichen befanden sich im Gerichtsgebäude, eine fünfte Zelle war für die Bergwerksangehörigen bestimmt und eine andere war im heutigen Hause von Hermann Brandner, das früher Missionshaus gewesen war. Noch bis in die letzten Jahre konnte man dort in den Kellern an die Wand gemalte Schriften der damals Eingekerkerten finden. Hans Grueber von Oberhaitzing saß trotzdem 20 Tage und viele andere folgten ihnen und mussten zudem noch die Kosten dieser Torturen tragen.

Weiterführende und verwandte Themen :
• Dokumentation : Emigrationspatent - 31. Oktober 1731
• Dokumentation : Glaubensbekenntnis - der Lutheraner
• Dokumentation : Protestantenverfolgung - 16. / 17. Jh.
• Geschichte : Protestanten - im 16./17. Jh. in Gastein

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Anmerkung: Die Informationen wurden auszugsweise dem Buch - "Die Lutherischen in Gastein" von Ekkehart Lebouton, 1981 - und
dem Buch "Geschichte Gasteins" - von Sebastian Hinterseer - entnommen. Beschreibung ohne Gewähr.

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Gastein zur Zeit der Gegenreformation
© 2007 Anton Ernst Lafenthaler
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