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Sebastian Hinterseer beschreibt in seinem Buch "Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins" wie im 16. und 17. Jahrhundert gegen die Lutherische Lehre und deren Anhänger vorgegangen wurde. Da nur fragmentarisch Aufzeichnungen vorliegen, sind derartige Ereignisse in ihrer Gesamtheit schwer zu erfassen und auch hier nur auszugsweise angeführt.
» Religionsmandat 1582 «
Bereits 1582 wurde ein strenges erzbischöfliches Religionsmandat herausgegeben.
Unter Androhung schwerer Strafen hoffte man, die Untertanen wieder zum Katholizismus bekehren zu können,
doch immer mehr Menschen bekannten sich zum neuen Glauben.
Auch eine Landtagsordnung, erlassen unter Erzbischof Johann Jacob de Kuen, gibt uns Aufschluss über
getroffene Gegenmaßnahmen.
Darin heißt es:
Punkt 2: Man soll die Kreuzgänge nicht unterlassen, aber in den Kirchen nicht nach Willkür deutsche
Lieder singen, sondern nach dem singen, was der Pfarrer singt.
Punkt 8: Alle Untertanen sollen alle ihre Bücher, auch Gemälde, Gesänge und Reime, sie seien gedruckt
oder geschrieben zu Handen ihrer Obrigkeit innerhalb 8 Tagen erlegen. Was darunter verführerisch ist,
auch die Schandgemälde, Gesänge und Reime, solle die nachgesetzte Obrigkeit bei Handen behalten und dem
Erzbischof überschicken, und zwar ohne Widerstand.
Punkt 16: An den gebotenen Feiertagen darf während des Gottesdienstes bei Verlust des Gewerbes und
Konfiszierung des Getränkes kein Branntwein verabreicht werden.
Die angeführten Punkte des Religionsmandats von 1582 waren in den folgenden Zeiten
bis hinauf zur großen Emigration immer wieder Mittelpunkt einer Reihe von Verhören und Prozessen
neben der Forderung nach Ablegung des Glaubensbekenntnisses.
» Erstes Emigrationspatent 1588 «
Viele Prädikanten durchzogen trotz allem immer wieder das Tal, und die Gasteiner besuchten heimlich
lutherische Gottesdienste auch in Orten des benachbarten Kärntens. Da alle Maßnahmen, dies zu unterbinden
fruchtlos blieben, entschloss sich Erzbischof Wolff Dietrich von Raittenau (1587 bis 1612)
erstmals zu energischen Maßnahmen.
Er gab 1588 ein Emigrationspatent heraus, wodurch viele Familien, vor allem aus der Stadt Salzburg,
zur Auswanderung gezwungen wurden. Aus wirtschaftlichen Gründen sah er von einer strikten Durchführung
dieser Verordnung in den Gebirgsgauen ab. Dies betraf vor allem die Gastein, wo durch die erzwungene
Ausweisung vieler Bergknappen der Bergwerksbetrieb hätte stillgelegt werden müssen. Diesen wurde unter
der Bedingung, dass sie alle anderen Befehlen der Obrigkeit nachkommen, sogar später das Bekenntnis
zur Augsburger Konfession erlaubt. Er erlaubte sogar die Errichtung eine protestantischen Friedhofes
in Hofgastein, der allerdings schon vorher bestanden hatte. Derselbe musste aber bald wieder geschlossen
werden, da das Begräbnis der 1603 verstorbenen Witwe des Gewerken Hans Weitmoser öffentlich durch Absingen
protestantischer Lieder und Psalmen gefeiert wurde, was den Erzbischof außerordentlich erzürnte und schließlich
Anlass zu weiteren verschärften Maßnahmen wurde.
1591 schreibt der hiesige Pfarrer Marcus Xilanter noch
"Gott möge sie erleuchten, die die Communion nicht nehmen" und ist
übrigens noch immer voll
Hoffnung, dass der Unglaube wieder vergehe. Im gleichen Jahr aber ist doch wieder von Hausdurchsuchungen
die Rede und es wird in diesem Zusammenhang von einem alten Bauern Christian Pößl berichtet und von einem
Prädikanten, der aus Schladming gekommen und den der Erzbischof mit dem "Ausschaffen und gefahr an guet und
am Laib" bedroht, sollt man ihn erwischen.
» Freythof zu Felding «
Die Bergknappen, welche zahlreich Protestanten waren, erhielten keine Erlaubnis mehr, ihre Toten in geweihter Erde um die Kirche herum zu begraben.
So kam es, dass die Gewerken einen eigenen lutherischen Friedhof bei dem heutigen Armenhause in Felding errichteten,
wo auch anschließend am 17. März 1597 die Bergwerksbruderschaft ein kleines Stück Grund zu diesem Zwecke erwarb.
Infolge der zunehmend veschärften Protestantenverfolgung sollte aber auch dieser Friedhof zu Felding nicht mehr benützt werden dürfen und so erging
der Befehl der Landesregierung an das Landgericht am 17. Juli 1586:
"Nachdem die Religionsreformation zum erwünschten und glücklichen Ende gelanget, so werdet ihr nunmehr
die unkatholische Begräbnis oder Freythof auf Bewilligung ihrer hochfürstlichen Gnaden ganzlich zerstören." - und weiter lt. Faszikel 21 des hiesigen Pfarrarchivs
wurde der Bergwerksbruderschaft im Jahre 1617 neuerlich anbefohlen:
"Keine sectischen oder unkatholischen mehr zu begraben"
und nach der neuerlich kompromisslosen Reformation des Erzbischofes Marx Sittich das Pfarramt und das Pfleggericht den Auftrag erhielten den "Freithof" zu zerstören." -
Daraufhin wurden die Mauern eingerissen und die ganze Stätte nachher der Zerstörung durch die Überschwemmung des nahen Bächleins preisgegeben.
Nachdem die Gewerk- und Knappschaft Schadenersatz forderte, konnte der Friedhof nicht gänzlich zerstört werden und es erschien ein zweiter Befehl,
dass niemand mehr im lutherischen Friedhof begraben werden dürfe und dieser versperrt bleiben müsse.
In einer Schrift von 1767 heißt es, dass "am Freythof zu Felding eine ehrsame Bruder- und Landschafft die zwei Drittel
Grundstückh von Herrn Markus Hölzl erkaufft hat und cost in allem bey 80 fl., welche aus der Bergwerksbruderschaftskasse
genommen worden. Dißer Begräbnuß alhier zu f elding beylich eine viertel Stund vom Markt gegen das Wildbad hinauf gelegen,
ist der sogenannte Lutherische Freithof, in welchen die beylich vor 200 Jahren aus Sachsen Zur Bergarbeit alhero beruffenen Knappen,
dann die zu Weitmosers Zeit über die Gepürg alda eingedrungen und von der Bergknappschaft, so selber Zeit aus 1600 Personen bestundt,
erschlagenen Hünen begraben worden, von denen sich später herausstellte, daß es kaiserliche Soldaten waren. Wegen dießer Thatt solle
der Kaiser vom Erzbischoff des Haupt des glorreichen Weitmoser begehrt haben, welcher aber anstatt des lebendigen ainen ganz
güldenen, dem seinen sehr ähnlichen und mit Ducaten gefüllten Kopf übersendet. Dehrmals ist dieser Begräbnuß allhier schon über 150 Jahr ein Baugrund".
1644 wurde das Grundstück von dem Gastwirt Ambros Scharer angekauft und im gleichen Jahr dem Siechenhause vermacht.
Im Jahre 1798 wurden 400 fl. zur Errichtung des neuen Armenhauses an der Stelle des alten Siechenhäusls
beim ehemaligen "sectisch lutherischen Friedhof" bewilligt und zwar aus dem Nachlass des Pfarrers
Johann Paul Perwein. Im Jahre 1953 wurde das Armenhaus in Felding zu einem großräumigen Altersheim ausgebaut.
» Geldstrafen, Leibesstrafen und Landesverweisung «
Im Jahre 1611 finden sich schon 325 Personen als
sektisch verzeichnet. Unter dem Personal des Bergwerkes von 298 Mann waren allein höchstens 30 Katholiken.
Von den Gewerken wurde als sektisch bezeichnet: Herr Matthäus Hölzl und dessen Hausfrau,
Herr Hans Mayr und dessen Hausfrau,
Herr Alex Schmelzing und dessen Frau, Herr Josef Nef, Herr Heinrich Schrott, Hans Krünner,
Dietrichstein und Verwalter Prank und Hausfrau und andere. Das Los der Auswanderung traf
zwischen den Jahren 1611 und 1615 die Nachkommen der alteingebürgerten und reichen Straßer,
der nach Kärnten flüchtete. Im Jahre 1615 wurde der Gewerke Hans Leykofer, der mit dem Schloss
zu Hundsdorf noch andere weitmoserische Güter und Berganteile 1604 gekauft hatte, als Lutheraner
von Weib und Kinder getrennt, des Landes verwiesen und starb 1630 zu Toblach in Tirol.
Der lutherische Friedhof, der vor 25 Jahren erweitert und mit einer Mauer umgeben war, wurde 1615 gänzlich
geschlossen und zerstört. Die Verfolgung der Lutheraner verstärkte sich immer mehr.
Über alle des Glaubens verdächtigen Gewerken, Knappen und Talbewohner wurde Geld-, Leibesstrafen und
Landesverweisung verhängt, so dass in den Jahren 1614/15 über 150 lutherisch Gasteiner nach
Österreich, Kärnten und Steiermark auswanderten.
» Die Kapuziner Pater Ambrosius und Pater Jakobus «
Mit Anfang des Jahres 1615 erschienen die Kapuziner Pater Ambrosius und Pater Jakobus zur Bekehrung
der Irrgläubigen in Gastein. Der Leutnant Hans Kayser sollte die Anordnungen der Kapuziner vollziehen
und ihren feierlichen Einzug von Radstadt her eröffnen. Allein der bescheidene Landrichter wusste
diesen Antrag für dieses mal abzulehnen. Der Leutenant blieb mit seinen Soldaten in Goldegg.
Die Einwohner ließen sich nun in die Register eintragen. Die Kapuziner fanden mit Schrecken 2521 Gasteiner
des Glaubens verdächtig und nur 309 gut katholisch.
"Die beyden Väter hatten nun alle Hände voll zu tun, um so viele verirrte Schafe wieder zusammen
in einem Schafstall zu führen" (Zimburg).
Durch den Befehl vom 14. 3. 1615 gab Erzbischof Markus Sittikus den Bürgern und Bauern sechs Wochen,
der Knappschaft aber 2 Monate Bedenkzeit zur Änderung ihrer Gesinnung. Nach dieser Frist sollten die
Güter der Widerspenstigen verkauft und sie selbst aus dem Lande verjagt werden.
Um ihren Predigten und Anordnungen mehr Nachdruck zu verleihen, erteilten die Kapuziner schließlich am
15. April den Befehl, in das Gasteiner Tal einzurücken. Dieses Argument wirkte. 1586 Glaubensverdächtige
legten ein neues Glaubensbekenntnis ab. Aber auch Auswanderungen erfolgten von nun ab in kleineren und
größeren Scharen. Vierzig Bauern verließen ihre Güter und zogen mit 293 Einwohnern in wenigen Tagen aus
dem Tale. Thomas Berger, Kanzler, Untermarschall und Pfleger in Wartenfels, an welchen alle Berichte
in Religionssachen einliefen und von welchem alle Befehle ausgingen, schrieb an den Landrichter in
Gastein am "7. May: Vorgestern bin ich in Hallein gewesen und hab allda gesehen, daß sich
218 Gasteiner Mans- und Weibspersonen auf Wasser begeben und nach Österreich gefahren.
Es ist gut, daß dieses Unkraut außer Landt khombt, der Allmächtige wirdet verhoffentlich
mehr Glückh und Segen verleichen" (Zimburg).
» Ausweisung viele Gewerken «
Im Jahre 1618 kam die strenge Glaubensinquisition über die Gewerkenfamilie der Hölzl,
die auf die reichen
Straßer gefolgt waren. Wegen verdächtiger Bücher, die man in deren Hause gefunden hatte, musste Matthias
Hölzl 100 Gulden Strafe erlegen. Er starb 1620, sein Sohn Christoph aber wurde 1627 des Landes verwiesen.
Bis zum Jahre 1630 wurden noch 333 Gasteiner verbannt, unter welchen noch viele Gewerken waren, die ihr
Urteil und ihre Ausweisung gar nicht erst abwarteten, sondern sich selbst entfernten, so wie die meisten
augsburgischen und nürnbergischen Geschlechter und die reichen Brüder von Rosenberg. Sie nahmen, um dem
Gegner alle Quellen ihres Vermögens zu entziehen, auch ihre ganzen Bergarchive mit. 1637 musste Margareth
Maierin, Tochter des Hans Zott, als Ketzerin von ihrem Manne getrennt werden. Um ihn zu sehen, kehrte sie
nochmals über das Gebirge zurück, wurde aber verraten, ergriffen, in lange und schwere Haft getan und dann
neuerlich verbannt. "Die heilsam Reformation" war aber dadurch nicht geendigt
wie man geglaubt hatte.
Der neue Glaube schien einfach nicht mehr auszurotten, trotz schärfster und oft unmenschlicher Maßnahmen.
Immer wieder gab es Hausdurchsuchungen nach verbotenen Schriften.
1687 lesen wir von dem Verbot der Ansiedlung von Nichtkatholiken aller Stände. Alle wurden diesbzgl.
genauestens examiniert und selbstverständlich ein Glaubensbekenntnis von ihnen abverlangt und das Versprechen,
dass sie ihre Kinder gut katholisch erziehen.
» Die verbotenen Schriften «
Neben der Bibel, den Schriften Luthers, Spangenbergs "Hauspostille", Arndts "Paradeisgärtlein"
und dem Gebetbuch von Habermann, im Volksmund "Habermändl" genannt, befanden sich unter diesen verbotenen
Schriften nach den Aufzeichnungen im hiesigen Pfarrarchiv alle möglichen lutherischen Predigtbücher,
kleine Katechismen, lutherische "Bethbüchl und Gsängbüchl". Mit größter Schärfe wurden jedoch die "Sendbriefe"
eines 1685 nach Nürnberg ausgewanderten Dürnberger Knappen verfolgt, die sogenannten "Schaitberger",
in denen nicht nur weitläufige Erläuterungen und Bibelstellen abgedruckt waren, sondern auch viele einfache
Lebensweisheiten, die Schaitberger, der selbst aus dem untersten Stande gekommen war, vortrefflich darzustellen wusste.
Weiterführende und verwandte Themen : |
• Dokumentation : Emigrationspatent - 31. Oktober 1731
• Dokumentation : Gegenreformation - in Gastein • Geschichte : Protestanten im 18. Jh. - Vertreibung |
Anmerkung: Die Informationen wurden auszugsweise dem Buch
"Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins" - von Sebastian Hinterseer, 1977 - entnommen.
Die Textauszüge wurden hier überwiegend unverändert wiedergegeben. Abschrift ohne Gewähr.
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Gastein im Bild - Dokumentation
Gegenreformation - Protestantenverfolgung
© 2007 Anton Ernst Lafenthaler
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