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D - Gasteinertal/Dokumentation: Badeleben in Gastein - Dr. Otto Gerke, 1946
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Prof. Dr. Otto Gerke

Dr. Otto Gerke beschreibt in seinem "Gasteiner Badebüchlein, 3. Auflage 1946" neben einem geschichtlichen Rückblick das Badeleben im Wildbad bis ins 19. Jahrhundert und ergänzt die Ausführungen mit zahlreichen originalen Textstellen und Gedichten aus älterer Zeit.
Bezüglich der Heilanzeigen und der medizinischen Tätigkeit von Dr. Otto Gerke im Gasteinertal sind auf der Seite - Ärzte im Wildbad - auszugsweise ausgewählte Themen nachzulesen. Im Folgenden finden sich verschiedene Textauszüge, bevorzugt in Gedichtform wiedergegeben und kommentiert.
Besonders bekannt ist der - Gasteinerische Padgesang - von Wolf Prenn, aber auch zahlreiche literarische Zeilen aus den - Ehrenbüchern - und Briefe aus Westenrieder, wie z. B. das - Badeleben - im 19. Jahrhundert oder die Streitigkeiten zwischen Ärzten in Hofgastein und Bad Gastein wegen des Betreibens einer Apotheke oder Dunstbades. Die - Heilanzeigen - und Gegenanzeigen der Kur werden ebenso in Gedichtform geäußert, wie Baderegeln - Vorschriften und der mehr oder weniger gelungene - Kurerfolg.

Schriftliche Aufzeichnungen : Gedichte

Otto Gerke berichtet in seinem Gasteiner Badebüchlein einerseits von der Entstehung der Namensgebung Gastein, wobei erstmals urkundlich 1209 in einem Schenkungsvertrag der Begriff Gastuna aufscheint. Als Bad allerdings erst ab 1436, als Kaiser Friedrich hier zum ersten Mal als prominenter Gast eine Heilung erfuhr. - "Anno 1436 ist Kaiser Friederich der dritt alhir in dem pad gewesen, hat an einem schenkhel ain offnen schaden gehabt, ist Inie geholffen auch frisch unnd gesundt worden."
Das folgende Gedicht ist um 1490 unter Verwendung eines Liedes des Tiroler Dichters Oswald von Wolkenstein entstanden und wurde im Volksbuch des Neithartfuchs 1491 bei Hans Schaur zu Augsburg abgedruckt. Dieses Gedicht beschreibt schon damals den Gebrauch der Bäder.

Gedichte : Auswahl

Textauszug (Gedicht) aus dem "Gasteiner Badebüchlein" von Prof. Dr. Otto Gerke, 1946 (p. 8 - 9). Das Gedicht wird Neidhart von Reuenthal zugeschrieben.
Die Craserin in der Gastein
Ain graserin in der Kastein(pat)
die gab lust fröd mich mit irem gerein
Da ich sach durch ir pfat die praiin
mich dett nit jren högk noch zein
ich graiff sy an und tätt sy zu mir schmucken
Schon bücke iucke in de pad
waz aller weit ain klainer schad
und det uns baiden wol in leib und herczen . . .

Sinngemäß übersetzt von Dr. Otto Gerke wie folgt:

Eine Magd, die badet' in Gastein
es gab mir Lust, als sie sich wusch darein.
Da ich sie durch das Hemd erblickte
an manches dachte, was mich dran entzückte.

Ich greif sie an und wollt sie an mich drücken
und tat sie streicheln so beim Baden.
Die ganze Welt hat davon keinen Schaden
und uns tat's wohl an Leib und Seele.

Als sie dann freundlicher mir naht,
sag ich: hätt ich euch nächtlich spat,
wer weiß, was da geschähe.
Ich brach euch wohl kein Auge aus,
wärt Ihr in meiner Nähe.
Ihr würdet nicht die Nase rümpfen,
verzeihend würdet Ihr nicht schimpfen,
wir hätten Freude an dem Spiel,
halt still, mein Lieb, ich will von dir nicht viel.

Da wollt die Schöne so wie ich
Und trotzdem wich sie minniglich
mir wie ein Täubchen aus.
Dies Spiel, es steigert nur die Liebe,
wir scherzten so mit unserm Triebe
und hatten Freud' und Glück daran,
bis unser Scherz ohn' Schmerz ein Ende nahm.
( 13. Jh.)

Wolf Prenn - ein Dienstmann des Gewerken Weitmoser - hat etwas unbeholfen ein Gedicht hinterlassen,
welches das damalige Leben im Wildbad wiedergeben soll. Es wurde vermutlich 1533 geschrieben.
Dass dabei weder die Wirte noch die Kellner im besonders guten Licht erscheinen, ist durch andere Schriften gut belegt.
Zu dieser Zeit waren die Badegäste vornehmlich beim Mitterbad (später Straubinger) beim Krämer, der
Taverne des Ulrich Metzger und beim Framminger (Grabenwirt) untergebracht.

Textauszug aus dem "Gasteiner Badebüchlein", 1946 von Prof. Dr. Otto Gerke ( p. 14 - 18)

Gasteinerischer Padgesang

Gastein, das ist ein heilsam Pad
und wer es kann erreichen,
darein mag ziehen, wer da will,
darin gescheh'n viel Zeichen.
Einer zieht aus, der Andere ein,
wir meinen, wir haben's gefunden
so liegen wir hier und wissen nicht wie,
als wären wir halb geschunden.

So ziehen wir am Mitteregg ein,
Da ist die Wirthin stolze,
Kommt der Gast, von wannen er wollt'
So gibt sie ihm ein Raitholze.
Leich mir Deinen Seckl her,
den will ich von Dir haben
Und hast Du der roten Gulden viel,
Ich will Dir tapfer auftragen.
So ziehen wir an Mitteregg aus
Wohl über die Brücken so lange
Und kehren an dem Mitterbad ein,
Da werden wir schon empfangen.
Rait's einem zehn Pfennig über das Mahl,
Dessen sein die Gäste gar froh:
Des Abends, wenn man uns schlafen anweist
So führt man uns auf das Stroh.

So ziehen wir zu der Payrin ein,
Die hat eine schöne Tochter
Kömmt ein Gast, woher er will,
Gute Sträublein tut sie ihm kochen.
Sie trägt's ihm in das Bad hinab,
Damit thut er sich laben;
So sagt der Gast, meine liebe Maid,
Ich muß es Dir theuer bezahlen.
So ziehen wir zum Ulrich Metzger ein
Da heißt es in der Höll
Kommt ein Gast, von wannen er wöll'
So ist er sein guter Gesell.
Rait's ihm 6 Pfennige über das Mahl,
Darum wollten wir ihn loben;
Er schickt auch nach dem besten Wein,
So er ihn weiß unten und oben . . .

So ziehn wir zu dem Framminger ein
Mit seinem groben Barte,
Wohl nach dem Geld ist ihm so gach,
Den Gästen tut er nicht warten.
Er treibt einen großen Übermuth,
Mit den Gästen thut er pochen.
So trauen wir Gott im Himmel wohl
Wir werden an ihme gerochen.

Zu morgens wenn die Sonn aufgeht
so ruft man uns zum essen
so sagt der Gast: mein lieber Wirth,
ich hab mich eines vermessen (habe einen Wunsch)
Ein Ei, ein Trunk war mir gesundt
Damit wollt ich mich laben.
So sagt der Wirth: Setz Dich zum Mahl
ich kann Dir nichts besonders auftragen.

Was gibt man uns zu morgens früh
Wohl zu dem ersten Essen?
Ein Kalbfleisch in einer gelben Brüh',
gut Wildpreth war viel besser.
Krauth und Gerste, auch zwei Gericht
das mögen die Kranken nicht essen.
Der gute Fisch, den haben wir nicht
den haben die (vornehmen) Herrn schon gefressen.

Die Süpplein die sind also schmal
Die Brötlein kurz gemessen
Gibt einer 3 Kreuzer über das Mahl
des sollen wir nicht vergessen.
Die Bättlein, die sind also hart
Sie tun auch keinem weichen,
und kam der römisch Kaiser daher,
es geschah ihm auch dergleichen.

Der Kellner, der ist auch im Spiel
der tut die Gast aufschreiben,
wann ein Gast einmal verzehrt
so tut er ihm zwei aufschreiben.

Wein und Brot, das weiß er wohl,
er tuts gar eben merken.
So spricht der Wirt: gehab dich wohl!
Du hast noch ein' schweren Säckel.

Gastein, die hat des Durst so viel
und ist doch nicht gesalzen,
so gibt man uns des grünen Krauts zu viel
und ist doch nicht geschmalzen.
Kälberkopf und auch die Fuß
müssen wir am Samstag essen
und hätten wir auch die Haut dazu,
so hätten wir das Kalb ganz gefressen.

Der Wasserfall ist ungeheuer
bei Tag und auch bei Nachte,
er macht uns unsern Schlaf so teuer
daß wir müssen wachen.
So bemerken wir des Tages Schein
wohl über die Berg herdringen
im Bad und Bett ist's anders nicht
denn Ach und Weh und Grimmen (Verdruß) . . .

Gastein, das ist ein heilsam Bad
der sich darein tut waschen
es macht ein in der Seiten fradt (wund)
und leert aus Säckel und Taschen.
Krummer herein und Lahmer hinaus,
das hab ich wohl vernommen
und hilft mir Gott durch die Klamm hinaus
herein will ich nicht mehr kommen.

Der Säckel, der hat ausgeschlagen (aufgehört zu klingen)
tut auf dem Bad umschwimmen
so spricht der Wirt: mein lieber Gast,
das bad will dir nicht innen (zusagen).
Nimm Dein Gewand auf Deinen Arm
und tus gar frischlich wagen (abreisen)
und wenn Du widerum Geld im Säckel hast
Herwieder magst Du wohl fragen (anfragen).

Der Wirt, der hat eine Kellnerin fein
Das Essen tut sie auftragen,
Und wenn sie zu dem Tische kommt,
So tropfet ihr die Nasen.
Sie reibt sich hin, sie reibt sich her:
Die Flöh, die tuen beißen.
Und wenn sie die Gast trösten soll,
So spricht sie von Reiben und Schmeißen (Ohrfeigen und Hinauswerfen).
Viel lieber trinkt sie den süßen Wein,
Der saure tut sie reißen (macht ihr Leibschmerzen).

Badechronik : Ehrungsbücher

Nachdem 1671 erstmals das Badewesen unter ärztliche Aufsicht gestellt wurde, begründete Dr. Franz Duelli
als erster Badearzt 1681 die Ehrungsbücher in die sich alle berühmteren Kurgäste mit Namen,
Gedichten und kleinen Prosaberichten mit ihren Erfahrungen im Bad, ihren Gedanken, Furcht und Hoffnung eintrugen.
Nachfolgend einige Gedichte aus diesen Büchern, wieder entnommen dem "Gasteiner Badebüchlein" von Dr. Otto Gerke.
Das Gedicht des berühmten Schriftstellers → Franz Grillparzer - mit sich und mit der Welt unzufrieden, erkennt lediglich die Hoffnung.
Der Dichter → Blumauer - lobt die primitiven Verhältnisse im Wildbad gar nicht, versöhnt sich aber mit der Eintragung 1785.
Buchautor → Emil Trimmel - hat so manche Erzählung über Gastein hinterlassen und verewigt sich
auch 1818 im Ehrenbuch, ebenso wie viele → Andere - weniger bekannte Kurgäste.

Textauszüge von Prof. Dr. Otto Gerke - "Gasteiner Badebüchlein", 1946 ( S. 29 - 31, 40)

Franz Grillparzer


Gastein ist wie die Welt:
Das beste was uns drin zu Theile fällt,
Ist wohl, trotz dem, was wir darüber lesen,
Die Hoffnung stets die Trösterin gewesen,
Doch geht man aus der Welt wie aus Gastein
Stellt Glück und Heilung sich wohl später ein.
( Jahr 1820 )
 

Dichter Blumauer


Du liebes Bad, du heiltest manchen Fuß,
Der eine Last der Erde nur getragen,
Und unter dem - noch jetzt in unseren Tagen,
Vielleicht die Erde seufzen muß.
Heil einmal einen, unter dessen Tritt
Das Wohl der Menschheit schöner blüht,
Und gerne will ich deinen Wüsteneien
Mein bestes Lied zum Danke weihen.
( Jahr 1785 )


Und an des Hauses Utensilien
Lernst Du Genügsamkeit im höchsten Grade
Denn da ist nichts im ganze Bade
Von Kästen und von Kanapeen.
Auch ist kein Vorhang da, ihn vorzuziehn,
Denn außer Ziegen oder Kühen
Wird Dir gewiß kein Äug ins Zimmer sehen.

Im Bade selbst kann unser Leben
Dir ein frappantes Bild vom Himmel geben,
Denn Freund! so wie im Himmelreich
Ist hier ein Tag dem ändern völlig gleich:
Man badet, ißt und legt sich nieder,
Man ißt und schläft und badet wieder,
Und so schleicht jeder Tag dahin. (S. 40)
 

Emil Trimmel


So vielen hast du schon in diesen Hallen
Die Schale der Genesung dargebracht,
Und viele werden von der Leiden Macht
Gedrücket noch in deine Täler wallen.

Ach wenn an deiner Urne auch nicht allen
Die zarte Blume der Gesundheit lacht,
So lass dem Pilger, aus krystallnem Schacht
Doch wenigstens der Lindrung Gruss erschallen.

Und dankbar wird von deinen schönen Höhen
Der Neugestärkte nach der Heimat ziehen,
Aus weiter Ferne fröhlich nach dir sehen,
Die Netze der Versuchung künftig fliehn
Und unverdiente Leiden ohne Klagen,
Die du zu heilen nicht vermagst ertragen.
( Jahr 1818 )
 

Andere . . .


Es fließen die Gesundheitsquellen
Den Menschen allen zum Gedeihn.
Ihr Pilgerrock den sie sich wählen
Mag nun wie immer färbig sein.

Vier schlimme Frauen seind gewest mein Compagnie
Zwei Freylein, so nit fromm, die sparten keine Müh
Wie sie zur Plage nur sich konnten stellen ein
Soll diess ein kranken Gast nicht eine Labsal seyn?
( Jahr 1770 )

So ruft in weite Ferne hin
Die Nymphe die hier hauset
Gast- ein! Du findest hier Gewinn
Und Lebenslust und frohen Sinn,
Wo mein Gewässer brauset.
Und wo die Felsen ober Dir
Gigantisch sich erheben,
Da spend ich still und einsam hier
den Kranken Kraft und Leben.
Durch Gottes Allmacht ward sie mir
Die Wundergab beschieden -
Drum kehre Gast -vertrauend hier
Ein - wo Heil und Frieden.
( Jahr 1817 )

Das Badeleben zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Briefe aus dem Jahre 1810 von Westenrieder charakterisiert das Badeleben im Wildbad.
Dabei wird der schlechte Zustand der Badehütten, insbesondere der → Straubingerhütte -
ebenso beschrieben wie deren Gewohnheiten im → Bad - selbst.
Auch die Mahlzeiten, insbesondere das → Frühstück - und die Qualität der → Speisen - mittags und abends serviert,
erfahren keinen großen Zuspruch. Auch die → Weltfremdheit - bleibt nicht unerwähnt,
der → Umgangston - hingegen erweist sich als ungezwungen bis fröhlich.

Textauszüge von Prof. Dr. Otto Gerke - "Gasteiner Badebüchlein", 1946 ( S. 33 - 38) entsprechend den Briefen aus Westenrieder, 1810

Badeleben

Der ganze Ort Gastein (man nennt ihn ein Dorf) sieht so aus - man kann nichts unbehilflichers nichts ärmeres sehen. Es ist, als wenn Jemand die achtzehen Häuserchen, aus denen alles besteht, in seiner Hand gehalten, und sie im losen Scherz durch die Finger hätte fallen lassen. So ungeschickt, so ganz und gar unförmlich und armselig stehen jene Häuslein beisammen. Die - Straubingerhütte - ist so beschaffen, dass, wenn man sie durch einen Zauberstab geschwind nach München versetzen und den Neugierigen um einen Preis von 6 Kreuzern zeigen würde, in dreyen Tagen eine Summe Geldes, für welche man sie zwey Mal neu errichten könnte, zusammengebracht werden müsste. Man ist hier, ich weiss nicht wie, nur von sich selbst erfüllt und vergisst ohne es zu wissen oder zu wollen, alles was in der Entfernung vorgehen mag.
Und wenn man einmal von draußen spricht (so nennt man hier alles, was jenseits der Klamm liegt), so ist's als spräche man von einem, jenseits des Weltmeers gelegenen Eylande. Ich habe in den dreyen Tagen, welche ich hier lebe, noch keine Sylbe von dem heissen Treiben und Lärmen das jetzt ganz Europa beunruhigt, gehört und habe nicht einmal eine Zeitung gesehen. Man ist so ganz in seinen erweichten Zustand gehüllt, vermisst und wünscht nichts, fürchtet und beneidet nichts und ist gleichsam ein ganz anderer, ist ein ruhiger, mit aller Welt versöhnter, wohlwollender, erzguter Mensch. Noch einmal seys gesagt, hier an diesem Ort und an dieser Stelle nehmen alle Dinge einen eigenen Werth an und Jedermann ist glücklich, wer nur mit seiner Kur nicht ganz unglücklich ist. Ich bestieg heute zum ersten Mal das - Bad -, gegen das ich, nachdem ich hörte, dass 12 und noch mehrere Personen, Männer und Frauenzimmer und die fremdartigsten Personen mit verschiedenen Zuständen und Gebrechen in eben dasselbe mit dem Heilwasser gefüllte, Behältnis beysammen wären, keine geringe Abneigung hatte, von welcher ich nunmehr vollkommen geheilt bin. Ich bekleidete mich in meinem Zimmer (wenn ich meine Kapuziner Zelle so nennen darf) mit einer weissleinwandenen weiten bis an die Füsse hinabgeführten Toga (Kutte hätte ich sagen sollen), warf über die Schulter ein weissflanellenes, bis an die Mitte des Leibs reichendes Mäntelchen (dieses wie die Toga werden fest zugebunden), setzte eine gewöhnliche weisse Schlafhaube auf, warf über diesen Anzug meinen Reisemantel, und ging in Pantoffeln dem Bad zu. Man befindet sich, wenn man die Thüre des Bads bey welchem ich mich einfand, (es sind mehrere ähnliche Bäder vorhanden) öffnet, auf einer begitterten Gallerie, von welcher man die Badegäste sehen, und mit ihnen sich unterhalten kann. Man geht auf dieser Gallerie einem kleinen, geschlossenen und geheizten Zimmer zu, worinn man seinen Mantel und dgl. weglegt und nunmehr über eine Treppe, auf welcher dem Herabsteigenden bereits das Wasser entgegenkömmt, einer leichten Thüre sich nähert, und nunmehr sich endlich da befindet, weswegen man zu Hause so viele Beratschlagungen angestellt, so manche Verfügungen getroffen, und eine weite oft sehr beschwerliche, Reise gemacht hat, im weltberühmten gasteinischen Heilbade. Man beobachtet hier, was die Wahl des Bades betrifft, herkömmlich eine besondere Bescheidenheit. Niemanden (er müßte dann mit einer eckelhaften Krankheyt behaftet seyn, in welchem Falle ihm ein abgesondertes Behältnis angewiesen werden würde) wird verwehrt, sich ein Badbehältnis nach seinem Belieben zu wählen. Allein man pflegt sich stets zu erkundigen, von welcher Art die Personen seyen die sich da und dort befinden, und wählet dann für sich, was man für sich anständig und behaglich findet. Als ich heute, um 5 Uhr früh, das erste Mal erschien, fand ich bereits einige Edelleute aus Bayern, Salzburg und Österreich, dann einige Damen, und zwey Pfarrer vor. Wir machten uns eine stillschweigende Verbeugung, und damit war alles abgethan. Wir waren schon so beysammen, als wenn wir uns von Kindesbeinen an gesehen hätten, und jeder führte sein Gespräch unbefangen fort, wie er es angefangen hatte. Das Heilwasser hat eine Tiefe, dass es mir, wenn ich in demselben kniete, was ich einige Male versuchte, gerade bis an den Mund ging. An den Seitenwänden herum laufen doppelte hölzerne Bänke, welche dazu dienen, daß man sich nach seinem Belieben, die Tiefe wählen kann, in welche man sich versenken will. Man sitzt aber keineswegs wie in einer Badewanne, sondern ändert seinen Ort nach Lust und Laune, und spatziert im Wasser herum. Die meisten oder doch sehr viele Badgäste nehmen im Wasser ihr - Frühstück -, wobey sie eine Glocke ziehen, auf deren Zeichen unverzüglich eine heitere, lustige, und (wie wir sagen) nicht versponnene Gebirgsnymphe heraufkömmt, und durch eine kleine Öffnung des Gitters ein Bretchen auf das Wasser, dann auf das Bretchen das Frühstück z. B. das Kaffee- und Milchgeschirr, mit den Schalen, Brod und Zucker setzt und dann dem Bretchen einen Stoss nach der Richtung gibt, dass es dem Herren zuschwimmt, der es verlangt hat. Die meisten Frühstücker aber gehen dem Mädchen schon entgegen, und nehmen ihm die Sachen ab, wobey sie aus Muthwillen und zum Zeitvertreib, selten unterlassen, der Überbringerin einige Vorwürfe über ihre Saumseligkeit und dgl. zu machen, den Kaffee, das Brod zu bekritteln und ihren Witz, der nicht selten treffend und brennend ist, auf die Probe zu stellen. Auf dem Wasser schwimmen auch noch andere Bretchen herum, durch welche kleine Öffnungen gebohrt, und durch diese die Stengel der Krauter und Blumen gezogen sind, welche welk und halbverdorrt in Wasser gesetzt, und indemselben wieder lebendig werden. Solche Geschenke sammeln theils die Badgäste auf ihren Spatziergängen, theils bringen sie die Fremden, welche den Badgästen Besuche abstatten, oder auch die Aufwartmädchen hierher, und es gibt dem Bad eine besondere Anmuth und Lieblichkeit, diese wohlriechenden Blumenbeete, in dem unaufhörlich wallenden Wasser bald auf diese, bald auf jene Seite, von einem Gast zum anderen wandern zu sehen.
Dass von den Badgästen, unter welchen ich mich befinde, der strengste Wohlstand beobachtet und kein Laut von Unbescheidenheit, und noch weniger von einiger Unziemlichkeit vorgebracht wird, brauche ich Sie nicht erst zu versichern. Niemand wird gefragt, was ihm fehle und (so fein ist der Takt) nicht einmal, ob er sich erleichtert befinde. Der Ton des Umgangs ist so unbefangen fröhlich, dass man garnicht vermuthen sollte, daß Jemand in das Bad aus der Ursache gekommen sey, weil er sich in dem Drange befindet, desselben benötigt zu seyn. Übrigens sieht man hier einen sich beständig wiederholenden kurzen Abriss des Vorübergehens, und Wechsels aller Dinge, und der Flüchtigkeit des menschlichen Erscheinens. Wenn man länger im Bad verweilt, als nützlich und herkömmlich ist, so sieht man die Leute, welche man bey seiner Ankunft fand, sich langsam nach und nach entfernen, und neuen Badgästen, welche von Zeit zu Zeit ankommen, Platz machen, wo dann wieder ganz neue Auftritte, neue Verhältnisse, und wechselseitige Benehmungen beginnen.
Man speist am gemeinschaftlichen Tische, pünktlich um elf Uhr und für 22 Kreuzer, für sage, zwey und zwanzig Kreuzer bekommt man mittags eine Suppe, ein Voressen, Fleisch und Gemüse, einen Kalbsbraten, und eine, gewöhnlich süsse, fast immer vortrefflich bearbeitete Mehlspeiss. Abends um 6 Uhr eine Suppe, Zuspeis, Kalbsbraten, eine süsse Mehlspeise. Diese Sachen sind, ich will nicht sagen unverbesserlich, aber reinlich und schmackhaft zubereitet, und so beschaffen, dass man, wenn man seine Portion gegessen hat, immer wünscht, noch eine Portion essen zu können. Es ist nämlich ein großer Unterschied zwischen einem Gast, der sich aufsetzen läßt, soviel er essen will, und der dann auf eine sogenannte Diskretion des Gastwirths zechet, und zwischen einem anderen, dem man nur soviel vorsetzt, als er sich im Voraus erklärt hat, zahlen zu wollen. Den Spargel kennt man hier kaum und auch der sog. Kropf (Kopf)salat wird niemals aufgesetzt. So hat hier auch niemand in seinem Leben einen anderen Fisch, als Forellen gesehen, die aber ganz vortrefflich und eben nicht theuer sind. Man weiss hier nichts von allem dem, was den Bädern; anderer Länder ihr Berühmtseyn und ihren erfolgreichen Besuch verschafft, und was ihnen mehr das Ansehen von Belustigungsanstalten, als von einer ernstlichen Absicht der Gesundheit zu pflegen gibt. Man weiss hier nichts von Tanzpartien, nichts von Spielpartien, von anderen Partien und Erfindungen, bei welchen die Üppigkeit ihr Unwesen treibt.

Dr. Kiene versus Dr. Storch

Das "Dunstbad"

Nur in Bad Gastein um den Wasserfall entspringen die Gasteiner Thermalquellen, nicht aber in Hofgastein.
Zwar wurde über eine Thermalleitung heißes Wasser nach Hofgastein transportiert, es gab
aber kein Dunstbad mit natürlichem Thermaldunst und auch der Wasserdruck reichte für eine ordentliche Dusche nicht aus,
Dafür aber waren die Duschkabinen in einem viel besseren Zustand mit gepolsterten Sitzbänken und Lehnsessel im Vorzimmer.
Dies wollte der Hofgasteiner Arzt Doktor Kiene unbedingt ändert und zimmerte ein → Dunstbad zu Hof -
wie Theodor K. in einem Brief berichtet. Aber letztlich wurde wohl doch das → Bad Gasteiner Dunstbad - wohl mehr bevorzugt.
Im Übrigen waren der Hofgasteiner Arzt Dr. Kiene und der Badgasteiner Arzt Dr. Storch untereinander wohl sehr eifersüchtig.
Auch der Hofgasteiner Apotheker Pelikan stand mit Dr. Storch nicht gut. Pelikan besaß eine → Apotheke -
in Hofgastein und eine Filiale in Bad Gastein, was Dr. Storch so nicht gutheißen konnte.

Textauszüge von Prof. Dr. Otto Gerke - "Gasteiner Badebüchlein", 1946 ( S. 47 - 50) nach Briefen von Theodor K.

Dunstbad in Hofgastein

Sir John Falstaff konnte in seiner mit Federn gefüllten Tonne, worein ihn die lustigen Weiber von Windsor steckten, nicht mehr fluchen als ich armer Teufel, der ich gestern das Dunstbad zu Hof gebrauchte. Denke Dir einen äußerst unbehülflichen, rohgezimmerten, und weder mit einer Verkleidung, noch Auspolsterung versehenen, grossen Bretterkasten, der von weitem einem Beichtstuhl nicht unähnlich, oben und vorne durch gänzliche Hinwegnahme des Deckels und der Wand geöffnet werden kann. Sein Inneres, - lieber Georg, - bietet, wie gesagt, eine ganz nackte Höhle, rückwärts einige Öffnungen, und fast in der Mitte einen, kaum einen halben Schuh breiten, bretternen und häufig durchlöcherten Sitz dar. Obgleich mir dieses unfreundlichen Anblicks graute, so entschloss ich mich, immer noch die Lobpreisungen des Dr. Kiene im Ohre, doch das Experiment zu unternehmen. Nicht ohne Mühe gelangte ich, der ich, wie Du weisst, etwas kurzbeinig bin, auf das fatale Querbrett. Und schon war man im Begriff, mich einzuschließen, als ich, mit meinen Füssen baumelnd, eifrig nach einem Schemel für selbe fragte: "Den haben wir nicht", sagte mir lächelnd der alte Bademeister entgegen! Nun wurde das Kopfstück und sodann die vordere Wand des Kastens aufgelegt, und so war er geschlossen. Aber wo ist denn der Dampf?, wirst Du fragen. Gedulde Dich nur ein wenig mit mir, lieber Georg! der Dampf wird jetzt erst fabriziert, und zwar außerhalb, das ist rückwärts vom Kasten. Daselbst steht eine Vorrichtung von Blech zur Aufnahme des Spiritus, und über dieser befindet sich das blecherne Behältnis für das Badewasser, welches auf diese Art erhitzt und in Dampfform mittelst einer, in den Kasten hineinführenden Röhre geleitet wird. Es dauerte nicht lange, so fingen die Dämpfe an, sich zu entwickeln und ich begann alsbald auch zu schwitzen. Du siehst also, wenn es sich bloß darum handelt, einen Schweiss zu erregen, so verfehlte der Kasten seine Wirkung nicht. In der Tat dankte ich Gott, als ich wieder von diesem hölzernen Throne herab und ins Freie kam, und niemand wird mich,vermögen, denselben ein zweites mal zu besteigen. Mein Urteil über dieses originelle Produkt, welches man zum Theil auch als eine Frucht der Reisen des Dr. Kiene (in welchem Badeorte mag er wohl ein ähnliches Monstrum gesehen haben ?) ansehen, ändern Theils aber auch auf die Knauserei der Badevorsteher rechnen muß, steht übrigens nicht isoliert da, sondern ich habe mittlerweile einen alten, gelähmten Mann gesprochen, der das Dampfbad ebenfalls gebrauchen sollte, aber die Probe nur ein einziges Mal aushielt. Er versicherte mir, daß er von 2 starken Männern nur mit der äußersten Mühe auf das Sitzbrett gehoben worden sey und sich daselbst nicht minder mühsam eine Zeitlang zu erhalten vermocht habe.

Dunstbad in Badgastein

Wir waren kaum im Wildbad angekommen, so meldete sich schon der Herr Medizinalrath Dr. Storch, ein alter Mann, der schon einige 30 Jahre hier Badearzt ist und noch eine vortreffliche Gesundheit genießt. Die Mutter sagte ihm, daß sie ihre Badekur schon in Hof durchgemacht habe und hier nur meinethalben noch einige Zeit verweilen werde, ohne zu baden. Darüber, sowie über die Äußerungen von Zufriedenheit welche die Mutter sowohl über die Hofer Badeanstalt im allgemeinen, als auch insbesondere über den dortigen Badearzt Dr. Kiene fallen liess, schien der Nestor der deutschen Badeärzte nicht sehr erfreut. Er brach gleich ab und wandte sich zu mir mit der Frage: und Sie, mein Herr? was hat denn Sie zu uns getrieben, wenn in Hofgastein alles so vortrefflich ist? Das Dampfbad, sagte ich, welches ich gegen meinen Rheumatismus gebrauchen möchte, und wofür hier bessere Einrichtungen bestehen sollen als in Hof. Nun, fiel er ein, mich freut es, dass das Wildbad doch immerhin noch etwas besitzt wonach die Hofer vergebens streben werden.

Zwistigkeiten zwischen Dr. Storch und Apotheker

Ich habe nie gehört oder gelesen, schreibt Theodor K., dass Storch und Pelikan zwei einander sehr feindliche Vögel seien, aber in Gastein ist dies wirklich der Fall, es besteht zwischen beiden seit langer Zeit eine große Feindschaft, die ihren Anfang dadurch nahm, dass im Wildbade eine Filialapotheke errichtet, und dem Doctor Storch das Selbstdispensiren der Arzneien gelegt wurde. Letzterer suchte nun alle möglichen Gelegenheiten, um über Pelikan Klage zu führen, richtete aber im Ganzen, so sehr seine Klagen auch Grund haben mochten, doch nichts aus. Umgekehrt ging dann Pelikan dem Doctor Storch wieder zu Leibe als dieser zur Homöopathie übertrat, aus der allöopathischen Apotheke Pelikan's fast gar nichts mehr verschrieb, sondern seine Kranken mit selbst fabricierten Pulverchen und Streukügelchen gegen Bezahlung versah.

Heilanzeigen und Gegenanzeigen

Schon die erste dichterische Überlieferung über das Bad Gastein aus dem 15. Jahrhundert gibt Auskunft über
die Wirkung auf die Geschlechtsfunktionen. So wird generell in der Literatur dieser Zeit von
positiven Effekten beim "Mißlingen" (Impotenz), bei Frauenkrankheiten und zur Anregung der Schwangerschaft berichtet.
Ebenso bei Gicht (= damals allgem. Gelenkerkrankung), bei Versteifung, bei Herz-, Nerven- und Magenkrankheiten und in der Rekonvaleszenz.
Allerdings wurden die → Heilanzeigen - dermaßen ausgeweitet, dass das Bad fast alle Krankheiten Heilung versprach.
So entstand wohl nachfolgendes Gedicht, bei dem allen Leiden des Körpers und der Seele geheilt wurden.

Textauszüge von Prof. Dr. Otto Gerke - "Gasteiner Badebüchlein", 1946 ( S. 80 - 84)

Heilanzeigen

Der so zum Schlaff inclinieret /
Oder wann das Haubt erkalt /
Da wird tröstlich Succurleret /
Und erwärmet diss gar bald.
Hat dich schon der Schlag verletzet /
Eins der Glieder lahm gemacht /
Hier wirst Du gar wohl ergötzet /
Wiederumb zu recht gebracht.

Wer der Schlaff-Sucht ist ergeben /
Wenn das Ohre singt / und klingt /
Schwachen G'hör es auch darneben /
Grosse Hülff und Nutzen bringt.
Rinnend / oder feuchten Augen /
Wann doch etwas helffen will /
Dient das Baad sehr oft / und viel.

Wer voll Flüss dem kans auch taugen.
Hast ein abgeschwächtes Glied /
Dass dir bringet Noth und Klagen /
Dissfahls dich besorge nit:
Unter die gantz heisse Quellen
Solchen Orth zu bringen such /
Doch soll man ihn vorbestellen
Wohl verwahrt mit einem Tuch /
Lass es d'rauf herunter rinnen
Eine gantze Viertl Stund /
Grosse Krafft wirst du gewinnen /
Und erkennen dein Gesund.
Es macht Appetit zum Essen /
Nimmt Gall und Melancholey.
Eines hätt ich bald vergessen /
Nutzt dem Brechen auch darbey.

Wann Dein Leib viel wurm beschwähren /
Und der Magen däuet nicht /
Dise Quell wird dich gewähren /
Dass derselbe eingericht.

Mehrer von dem Baad zu sagen /
Reinigt Leber / Miltz / und Nieren
Kan das Grimmen leicht verjagen /
Hülfft die Winde auch verzehren:
Schwähren Athem / grosses Keuchen /
So von Wind und Schleim herrührt /
Muss von disen Baaden weichen /
Ja gantz werden consumiert.
Gelb-Sucht und drey-tätigs Fieber /
Hertz-klopff / so das Miltz causiert /
In dem Baad sich stellet lieber /
Und perfecter wird curiert.

Stein- / und Griess es wohl aussführet /
Ja die Nieren also stärckt /
Dass sie hiervon praeservieret /
Man kein Schmertzen nicht leicht merckt.

Wann sich der Urin verstellet
Klagen macht der Harn und Wind /
G'meldtes Baad wird gleich erwählet /
Dann durch dises Baad verschwindt.
Wer von Fallen / oder Schlagen
Hat gestocktes Blut im Leib /
Wird es mit Verwundern sagen /
Wie es die Gastein vertreibt.

Rauden / Kretzen / schiehe Blattern
Auss den Grund es heylen thuet.
Öffnet die verstopffte Adern,
Reinigt / und erfrischt das Blut.

Der verstopften Adern wegen
Wann wer nicht zunehmen kann /
Hier das Übel wird erlegen /
Tragen fetten Leib darvon.
Aber wer zu fett will werden /
Der kan allhier ringern sich /
Stärkt all Glieder / die Beschwärden /
Nimmt es hin / glaub sicherlich.
Lass dich von dem Baad nicht hindern /
Wenn du hast dass Podagra.
G'schwullst dess leibs kanst auch wohl mindern /
Und die Glieder-Schwindung da.
Hat ein's einen alten Schaden /
So ein Glied schon stark verletzt /
Dessen sich da kan entladen /
Wann nur gute Hoffnung g'setzt.

Hüfft-Wehe / Schmertzen in den Lenden /
Und die Gulden Ader auch /
Kann man hier gar leicht abwenden /
Wer es pflegt / wie sonst in Brauch.
Vil des Zittern thuet vernichten
Stärket gleichfalls Weib und Mann
Ehelichs Werck recht zu verrichten /
Keiner nicht leicht glauben kann.

Fruchtbar macht es beeder Saamen /
Stillt den weissen Weiber-Fluss /
Stopffet auch der Männer-Saamen /
So er fliesset ohne G'muss.

Gegenanzeigen

Nutzlich ist es zwar zu Baaden /
Wie du schon berichtet bist
Doch das Wasser mag auch schaden
Dir / nachdem der Zustand ist.

Schädlich ist es / die da leyden
An der Dörr- und Lungensucht.
Selbe miessen es vermeyden
Dann mehr Schad als bringet Frucht.
Disen Baad hat nicht zu trauen /
Wer im Leib ein Blut Geschwär Fühlt /
hat auf sein Schantz zu schauen /
Weil es öffnet ungefähr. Die auch /
so offt Blut ausswerffen /
Und ein Zeitlang hat schon gwährt /
In Gastein nicht Baaden derffen /
Damit es nicht ärger werd.

Bäderkunde . Vorschriften

Die Bäderkunde gibt schon vor Antritt des Bades strenge Regeln vor und man musste sich auch exakt an diese halten.
So musste man schon → vor der Reise - gründlich Abführen (Purgation) und einen Aderlass vornehmen.
Zudem sollte man die → Badedauer - nur langsam steigert, letztlich aber bis zu 6 Stunden ausharren.
Dabei betrug die übliche Wassertemperatur 28° Reamur (= 35°C). Allerdings gab es damals noch keine Thermometer.
Die → Trinkkur - wurde nur mit vorsichtig angewendet, da häufig Verstopfung folgte.
Weiter war wichtig nach dem Bad ausreichend zu ruhen um dann einen Spaziergang anzutreten.
Als diätetische Regel während der Kur sollte gekühltes Thermalwasser, aber auch etwas Wein getrunken werden.
Besondere Speisen werden nicht vorgeschrieben.
Von Sorgen soll man sich frei machen, wie es in einem → Gedicht - heißt.

Textauszüge von Prof. Dr. Otto Gerke - "Gasteiner Badebüchlein", 1946 ( S. 85 - 89)

Vorschriften zum Bad

Wann du dann in Sinn thust fassen /
Auf das edle Orth zu gehen /
Dir auch gern willst rathen lassen /
Merck ein Puncten, oder zween.

Erstlich ehe du vorgenommen /
Und die Reiss gestellet an /
Zu der Cur dir wohl bekommen
Würdet eine Purgation,
Die von Unflat dich entlade /
Und so läge guten Grund /
Sonsten war das edle Baade
Mehrers schädlich als gesund.
Dann mit Vortheil anzuheben
Dise Baad-Cur mercke wohl /
Dass man sich nie drein begeben
Mit beschwerdtem Leibe soll:
Wer auch blutreich und gewohnet
Jährlich ist der Aderläss /
Dass er seiner damit schonet
Vor dem Baad, ist nicht gemäß.

Baderegeln

Wann der Leib nun gnug entlehret
Ist zu Hauss / das Baad anfang /
Dass es kaum ein Stunde währet /
Mehr als diss ist allzu lang.
Steig hernach in etlich Tagen
Mit den Stunden auf und auf /
Wie es deine Kräfften tragen /
Und du dich befindest drauff.
Kan dann eins sechs Stunden bleiben /
Nur auf einen Tag allein /
Darff mans nicht mehr höher treiben /
Sondern mit vergnüget sein.

Wann dann Kräfften weichen thäten /
Und es dich sehr schwächen will /

Ist das Baaden nicht vonnöthen
In dem Tag so lang un vil.
Wirst auch deinen Nutz erfahren /
Baad in Tag zwey Stündelein /
Must jedoch hernach verharren
Desto länger in Gastein.

Wie man sonst in allen Weegen
Gern sich an das Mittel halt /
Soll mans auch im Baaden pflegen /
Baaden nicht zu heiss noch z'kalt.
Man wird halbe Cur gewinnen
In so temperierten Baad Und gar vieler G'fahr entrinnen /
Die man sonst zu förchten hat.

Trinkkur

Wer des warmen Baads geniesset
Etlich kleine Glässlein voll /
Vormittag wie es herfliesset /
Weinstein auch drein mischen soll.
Textauszüge von Prof. Dr. Otto Gerke - "Gasteiner Badebüchlein", 1946 ( S. 85 - xx)

Kur-Verhalten

Nach dem Baaden geh zu Bethe /
Ruhe dort ein Zeitlang aus:
Zu dem Schwitzen dich nicht nöthe
Wann kein Ausschlag kommt herauss . . .
Mercke dass es schädlich sey /
Ohne Sorg hinaus zu gehen /
Wann ein starcker Nebel fallt /
Wann ein Schnee anbey thut stehen /
Auch der Lufft sehr frisch und kalt /
Wann sich Aeolus empöret /
Und die Winde stürmen an . . .
Wann den nassen Topf ausleeret
In die Lufft der Wassermann.
Bey dem Tisch das erste Trincken
Kan abkühlts Baadwasser seyn:
Doch damit nit etwann sincken
Deine Kräfften / trinck auch Wein:
Denn des Weingotts edle Gaben /
Und der liebe Rebensafft
Manche matte Seelen laben
Mit Ertheilung grosser Krafft:
Jedoch muss man hier bedencken /
Dass zu halten gute Maass /

Nicht zu häuffig ein soll schencken /
Noch stätts lauffen zu dem Fass.
Weiter kanst du dich ergötzen
Bey dem Tisch mit guter Speiss /
Will dir hier kein Fasten setzen
Dich des Mittels nur befleiss:
Sowohl in dem Trunck und Essen
Man sich massig halten muß
Mit dem Schlaffen / mit dem Wachen
Thue dir keiner Seits zuvil:
Traurig und betrübte Sachen
Deine Kur nicht leyden will /
Lasse nur ein jeden sagen /
Was zu sagen ihm beliebt /
Dir wird aber wohl behagen /
Wann du bleibest unbetrübt:
Wann sich gegen dir erheben
Sorgen / und Melancholey /
Sag dass ein Gehör zu geben
Ihnen hier kein Orth nicht sey.
Nach dem Tisch will sich gebühren /
Ein paar Stunden auf und ab
Hin und Wider zu spazieren /
Oder dass man sonsten hab
Ein Bewegung die sich schicket /
Ansprach mit eim guten Freund /
Alsdann erst das Baad beglücket /
Und mehr Nutzen g'wiss erscheint.

Kurerfolg

Bei vielen chronischen Leiden sollte eine Kur wiederholt werden, um so einen → Kur-Erfolg - zu verspüren,
wird in der frühen Literatur berichtet und ebenso wird schon damals auf die sog. Spätwirkung hingewiesen.
Auch wird der → Badeausschlag - als Zeichen der inneren Krise verstanden, was heute nicht mehr vertreten wird.
Es scheint lediglich durch das lange Verweilen im Wasser bedingt zu sein;
bei besonders empfindlicher Haut, wie Dr. Gerke im Buch anführt.

Textauszüge von Prof. Dr. Otto Gerke - "Gasteiner Badebüchlein", 1946 ( S. 90 - 91)

Kur-Erfolg

Nicht gleich jeder wird curieret /
Und reist g'sunder Weiss darvon /
Ja ein Halbjahr sich verlieret
Offt / eh man es spühren kan.
So doch jemand hier gewesen /
Hat gebaadet im Gastein /
Und dann gleichwohl nicht genesen
Von den Schaden ledig seyn /
Solcher muss doch niemals schmähen
Diser edlen Quellen Krafft /
Sondern sonneklar ersehen /
Dass sein Kranckheit änderst hafft:
Nit eim jeden es geglücket
Dass er hier geheylet wird /
Gleich wie sich der Zustand schicket /
Also wird man auch kuriert.
Gleichwohl muss man sich befleissen /
Dass man öffter reist ins Baad:
Grosse Wurzlen auszureissen
Mehrer Müh vonnöthen hat.

Badeausschlag

So dein Leibe nie ausschlaget /
Derffst du sagen dannoch nicht:
Dises Baad mir schlecht behaget /
Hab hier wenig ausgericht:
Dann zu wissen, dass nicht allen
Sondern kommt der Ausschlag offt /
Die Natur last sonsten fallen
Ihren Zustand unverhofft.
Jahr 1736
Weiterführende und verwandte Themen :
• Dokumentation : Ärzte in Gastein - bis 1945
• Dokumentation : Gasteiner Kur, Diätetik - Eble, 1834
• Dokumentation : Kurarzt Dr. G. Pröll

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Anmerkung: Der Text wurde überwiegend dem Buch
"Gasteiner Badebüchlein" von Dr. Otto Gerke, 1946 - entnommen.
Die alte Schreibweise (Rechtschreibung) wurde ohne Korrektur beibehalten (ohne Gewähr).

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Gastein im Bild - Dokumentation
Badeleben in Gastein - Dr. Otto Gerke, 1946
© 2017 Anton Ernst Lafenthaler
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