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Ökologie Gasteinertal |
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Insgesamt wirken etwa 40 natürliche Radionuklide ständig auf uns ein. Die für die natürliche Strahlenexposition bedeutsamsten Radionuklide stammen noch aus der Bildungsphase unseres Sonnensystems und sind wegen ihrer langen Halbwertszeit bis heute nicht oder nur zum Teil zerfallen (235U, 238U, 232Th, 40K) oder werden durch radioaktiven Zerfall laufend aus diesen nachgebildet (226Ra, 230Th, 210Pb, u.a.). Andere Nuklide werden in den obersten Atmosphärenschichten laufend gebildet (3H, 14C, u.a.). Den wichtigsten Dosisbeitrag liefert 222Rn (Radon), das als Edelgas eine hohe Austrittswahrscheinlichkeit aus Böden und Baumaterialien in die Atemluft besitzt, und das zusammen mit seinen radioaktiven Folgeprodukten den höchsten Beitrag zur natürlichen Strahlenbelastung des Menschen liefert.
In allen Gesteinen, Baumaterialien und Gegenständen des täglichen Lebens, ja selbst in unseren
Nahrungsmitteln sind natürliche radioaktive Stoffe enthalten. Diese verursachen eine Strahlenexposition
durch Strahlung von außen (externe Strahlenexposition) sowie
Strahlung von Innen (interne Strahlenexposition) durch Einatmen radioaktiver Stoffe mit der Atemluft (Inhalation) und
durch Aufnahme radioaktiver Stoffe mit der Nahrung und Trinkwasser.
Zur Erhöhung der Strahlenbelastung durch natürliche Quellen zählt aber auch das Fliegen und in
geringerem Ausmaß auch der erhöhte Aufenthalt in größerer Höhe (Bergsteigen, Schifahren).
Der größte Beitrag zur Strahlenexposition des Österreichers liefert - wie auch in anderen
Ländern - die Inhalation von Radon (222Rn) im Inneren von Gebäuden,
gefolgt von der medizinische Strahlenexposition, in erster Linie durch die Röntgendiagnostik und als
drittgrößten Beitrag die externe natürliche Strahlung vom
Boden, aus den Gebäudewänden und aus dem Weltraum (etwa 0,8 - 1,1 mSv).
Die Strahlenexposition durch den Reaktorunfall in Tschernobyl liegt heute bei etwa einem
Tausendstel der natürlichen Strahlenbelastung
Auch die verbliebenen Radionuklide aus den
Fallout der Kernwaffentests der Fünfziger- und Sechzigerjahre verursachen heute eine Strahlenexposition
unter 0,003 mSv.
Zahlreiche Untersuchungen zeigten, dass Flechten nach einem radioaktiven Fallout Radionuklide
in vergleichbar hohen Konzentrationen aufnehmen und dass die radioaktive Belastung
der Flechten im allgemeinen gut mit der Flächenbelastung des Bodens korreliert.
Im Sommer 1993, also gut 7 Jahre nach dem Reaktorunglück von
Tschernobyl, wurden Boden- und Flechtenproben am Stubnerkogel gesammelt.
Einige Flechten- und drei Bodenproben stammen direkt vom Bergrücken des Stubnerkogels (2.240 m),
weitere auf der Westseite in einer Höhe von 2.230, 2.220 und 2.180 m. Auf
der Ostseite weitere bis hinunter zur Waldgrenze (ca. 1.800 m ü. M.).
Es zeigten sich deutliche artspezifische Unterschiede in der
Kontamination. Cetraria islandica, Cladonia arbuscula und Cladonia rangiferina waren am
stärksten belastet (siehe Tabelle).
Schon vor dem Reaktorunglück von Tschernobyl wiesen ECKL et al. (1984) verschiedene künstliche Radionuklide, darunter auch das langlebige 137Cs in Flechtenproben aus dem Gasteinertal nach. Diese Radionuklide stammten aus den oberirdischen Atomwaffentests. ECKL et al. (1984) ermittelten für 1981 am Stubnerkogel gesammelte Proben von Cetraria islandica, Cladonia arbuscula und Cetraria cucullata spezifische 137Cs- Aktivitäten von etwa 200 Bq pro kg. Der Vergleich der spezifischen 137Cs-Aktivitäten (Bq/kg Trockengewicht) von Flechtenproben, die am Stubnerkogel in den Jahren 1981 bzw. 1993 zeigen wesentlich höhere Werte in den Jahren 1993 - also nach Tschernobyl.
Flechtenproben vom Stubnerkogel | 137Cs-Aktivitäten (Bq/kg TG) | |
---|---|---|
Flechtenart | 1981 | 1993 |
Alectoria ochroleuca | 122 | 1.043 |
Cetraria cucullata | 189 | 2.003 |
Cetraria islandica | 204 | 2.030 |
Cladonia rangiferina | 196 | 3.304 |
Quelle: ECKL et al. (1984) und Umweltbundesamtes, Wien, Juli 1995. |
Flechten können zwar als Bioindikatoren für radioaktiven Fallout herangezogen werden, durch unterschiedliche Wachstumsraten, biologische Halbwertszeiten und Radionuklidaufnahme über den Boden können die ursprünglichen Kontaminationsverhältnisse aber entscheidend verfälscht werden. Flechtenthalli haben eine begrenzte Lebensdauer und die effektive Halbwertszeit in Flechten ist für die meisten langlebigen Radionuklide wesentlich kürzer als die physikalische Halbwertszeit. Radioaktiver Fallout ist somit im Boden länger nachweisbar als in Flechten.
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Alectorie, Citrarie, Isländisches Moos . . . |
In den Bodenproben war teilweise 137Cs aus den oberirdischen Atombombenversuchsexplosionen nachweisbar, das war in keiner der Flechtenproben der Fall. Flechten können somit geeignet sein, einen neuerlichen Fallout getrennt von einem relativ lange zurückliegenden Fallout zu messen.
Mit der Nahrung wie dem Trinkwasser werden natürliche Radionuklide in den Körper
aufgenommen und führen zu einer Strahlenexposition von innen.
Nuklide wie 14C (Kohlenstoff-Isotop) und 40K (Kalium-Isoltop) werden dabei zu 100 %, andere wie 238U (Uran-Isotop)
nur zu einem sehr geringen Prozentsatz in den Körper aufgenommen.
Nur vergleichsweise wenige Radionuklide werden über das Trinkwasser aufgenommen.
Überwiegend erfolgt die Aufnahme durch Nahrungsmittel und Inhalation (Tabakrauch, geschlossene Räume).
Die Effektivdosis der Aufnahme von Radionukliden liegt dabei im Mittel bei etwa
0,3 mSv pro Jahr. Der Großteil dieser Dosis wird durch 40K verursacht.
Die 40K-Aufnahme erfolgt vor allem durch Nahrungsmittel mit hohem Kaliumgehalt (Milch, Fleisch, Banane).
Jedoch wird der 40K-Gehalt im Körper auch bei einem hohen Verzehr dieser Nahrungsmittel nicht
wesentlich geändert.
Anders sieht dies bei 210Po (Poloniumisotop210, alpha-Strahler, ist u. a. ein Zerfallsprodukt des Edelgases Radon) aus, das den zweitwichtigsten Beitrag zur Ingestionsdosis durch natürliche
radioaktive Stoffe liefert. Hier kann der häufige und intensive Verzehr von Nahrungsmitteln
mit hohem 210Po-Gehalt zu einer wesentlichen Erhöhung des 210Po-Gehalts im Körper und damit
zu einer Erhöhung der internen Dosis führen. Zu solchen Nahrungsmitteln gehören vor allem
Krusten- und Schalentiere, deren 210Po-Konzentrationen bei Schalentieren bis 150 Bq/kg und bei Krustentieren bis 75 Bq/kg betragen können.
Meeresfische weisen bis zu 25 Bq/kg auf.
Insgesamt belasten Radionuklide in der Nahrung und im Trinkwasser mit
40K, 238U, 232Th, 210Po, u.a. mit 0,3 mSv/a = Ingestionsdosis
(Durchschnittliche interne Jahresdosis durch Aufnahme natürlicher Radionuklide mit
der Nahrung).
Einige typische Waldprodukte können Cäsium sehr effektiv anreichern (Pilze) oder speichern (Heidelbeeren, Moose, Flechten, Farne). Einige Pilzarten können große Mengen an Radiocäsium (137Cs) akkumulieren (z. B. Maronenröhrling: 26-150 kBq/kg in der Trockensubstanz). Von einigen Pilzen wurden Hut und Stiel getrennt untersucht, wobei sich herausstellte, dass der Hut immer stärker kontaminiert war als der Stiel.
In zwei durch den Reaktorunfall Tschernobyl stark belastete Wälder (Kobernaußer Wald, Weinsberger Wald) und einem mäßig belasteten Wald (Dunkelsteiner Wald) wurden Untersuchungen vorgenommen. Aus den Ergebnissen kann abgeleitet werden, dass die Radiocäsium-Ingestionsdosis durch den Verzehr von 1 kg Pilzen (mit 32 kBq/kg 137Cs und 8 kBq/kg 134Cs in der Trockensubstanz, 8 % Trockensubstanzanteil) bzw. 1 kg Wildbret (2.500 Bq/kg 137Cs + 630 Bq/kg 134Cs in der Frischsubstanz) aus dem Weinsberger Wald im Jahr 1988 0,04 bzw. 0,05 mSv betrug. Ein typischer Wert für 1996 ist 0,009 mSv. Diese Werte sind jedoch auch bei höheren Verzehrmengen radiologisch unbedenklich. Ausgehend von derselben radioaktiven Belastung im Gasteinertal zum Zeitpunkt des Reaktorunfalles kann angenommen werden, dass Pilze, Heidelbeeren etc. heute nur mehr sehr geringe Mengen des radioaktiven Isotops 137Cs + 134Cs aufweisen, obwohl im Umweltkontrollbericht, 2016 folgendes nachzulesen ist: "Infolge des Reaktorunglücks in Tschernobyl im Jahr 1986 gibt es nach wie vor in Teilen Oberösterreichs, u. a. im Bereich des Pyhrnpasses sowie im Bereich der Hohen Tauern, punktuell erhöhte radioaktive Bodenbelastungen mit Cäsium-137."
Große Schwankungen ergeben sich im Aktivitätsgehalt von Grundwässern. So liegen Minimalwerte der 226Ra-Konzentration bei 0,2 - 0,4 Bq/m3, Maximalwerte in Trinkwasserversorgungen erreichen aber bis 1400 Bq/m3. Tafel- und Mineralwasser weist, wie bereits erwähnt, durchschnittlich etwas höhere Werte als Trinkwasser auf. Dies hängt zumeist mit dem generell höheren Mineralgehalt zusammen. Die in Österreich am Markt befindlichen Mineralwässer (Tafelwässer) liegen jedoch durchschnittlich bei 34 Bq/m3, weisen also keinen signifikant höheren 226Ra-Gehalt als Quellwasser auf. Die Bandbreite ist allerdings beachtlich, die Werte schwanken von unter 7 Bq/m3 bis 230 Bq/m3. Heiße Mineralquellen, wie in Badgastein zeigen allerdings ein Vielfaches dieser Werte. Generell ergibt die Aufnahme von natürlichen Radionukliden mit dem Trinkwasser im Vergleich zur Ingestion mit festen Nahrungsmitteln nur sehr geringe Werte. Die Ingestionsdosis liegt auch bei Maximalwerten des 226Ra- und 228Ra-Gehaltes bei üblichem Trinkwasserkonsum unter 0,2 mSv.
Konzentration von 226Ra im Grund- und Quellwasser | |
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Vorkommen | 226Ra [Bq/m3] |
Tafel- und Mineralwasser Österreich | 7 - 230 |
Trinkwasserwerke/Österreich | 0,2 - 500 |
Thermalquellen/Badgastein | 4 000 000 |
6. Umweltkontrollbericht, Radioökologie (2001) Umweltbundesamt |
Im Vergleich zur Variation des 226Ra-Gehalts sind die Schwankungen in den Konzentrationen von 40K in Grund- und Quellwasser gering. Typische Werte liegen zwischen 37 - 740 Bq/m3. Der 40K-Gehalt belastet den menschlichen Organismus unabhängig von Nahrung und Trinkwasser mit einer interne Strahlenexposition von 0,17 mSv/a, die durch kaliumreiche oder -arme Nahrung oder Trinkwasser kaum geändert wird.
Wie schon erwähnt, stellt die Strahlenbelastung durch Einatmen natürlicher radioaktiver Stoffe die
größte Komponente der Strahlenbelastung des Menschen dar. Hauptursache dafür ist das Edelgas Radon bzw. seine Folgeprodukte. Das am
meisten belastete Organ ist die Lunge, wobei diese mit der 10-fachen Effektivdosis belastet wird (=Lungendosis in mSv/a).
In Bad Gastein, treten im
Heilstollen sehr hohe Radonkonzentrationen auf, die durch die Fraktionierung und hohe
Porosität des Gesteins in diesem Bereich begründet sind (Radon - 44 Bq/l).
Die höchsten Aktivitätskonzentrationen im Trinkwasser weist das im Wasser gelöste Radon auf.
Während ein Großteil der Trinkwasservorkommen in Österreich Werte zwischen 1 und 50 Bq/l
aufweisen, liegen in einem nicht unbeträchtlichen Teil (3,5 %) die Werte über 400 Bq/l.
Das Thermalwasser in Bad Gastein und Bad Hofgastein beinhaltet 740.000 Bq/m3 Radon und 780 Bq/m3 Radium (Ra226).
Der Dosisbeitrag dadurch ist dennoch gering, da ein erheblicher Teil des 222Rn im Trinkglas bzw. beim
Kochen oder der Speisezubereitung ausgast und so nicht vom Menschen aufgenommen wird.
Das Ausgasen des Radons kann allerdings zu einer nicht unerheblichen Strahlenexposition beim
Duschen führen. Generell ist diese Belastung wesentlich höher als die Belastung durch 222Rn
beim Trinken des Leitungswassers.
Radon und die Folgeprodukte sind alpha-Strahler. Sie dringen nicht durch die Haut ein
lösen aber, wenn sie eingeatmet werden und die Zellen direkt erreichen den programmierten Zelltod,
die Apoptose aus. Unter Apoptose versteht man ein geordnetes Absterben und die nachfolgende
Auflösung von Zellen im Prozess der Organentwicklung. Die Adoptose ist ein natürlicher Vorgang,
der aber durch das Radon offensichtlich beschleunigt wird.
Die Radonbelastung beläuft sich allgemein zwischen 1 - 10 mSv/a.
Anmerkung: Die Daten und Textstellen entstammen im Wesentlichen dem Sechsten Umweltkontrollbericht, Radioökologie UKB 6 (2001) Umweltbundesamt/Federal Environment Agency (Austria) und dem Bericht des Umweltbundesamtes, Wien, Juli 1995.
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• Umwelt - Boden - Schwermetalle, Radioaktivität
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© 2007 Anton Ernst Lafenthaler
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