Ökologie Gasteinertal |
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In Gipfelnähe spürt man, wie das raue Klima hier Pflanze, Tier und Mensch zu schaffen macht. Der Wind pfeift unentwegt, meist eiskalt, die Sonne sticht als Zeichen der hohen UV-Strahlung, der abnehmende Sauerstoffgehalt macht sich ab 2.500 m deutlich bemerkbar - insgesamt eine unwirtliche Gegend. Fällt gar Nebel oder Schnee ein, wird's noch ungemütlicher.
Viele Lebewesen bedienen sich so mancher Tricks, um auch hier bestehen zu können.
Die Pflanzen vermehren ihre Spaltöffnungen, um der geringeren CO2-Spannung entgegenzuwirken
und sie lagern (rote) Farbstoffe ein und/oder überziehen ihre Blätter mit einer dichten Wachsschicht,
um der UV-Strahlung entgegenzuwirken.
Der Gefahr der Austrocknung wird mit Polsterwuchs entgegengewirkt, wobei die absterbenden
Pflanzenteile gleich als Humus weiterverwendet werden.
Durchschnittlich verkürzt sich die Wachstumsperiode von Pflanzen alle 100 Höhenmeter um etwa 1 Woche.
Alle 200m sinkt die Temperatur um 1°C. Zudem werden alle Stoffwechselprozesse aufgrund der
Kälte verlangsamt. Die Zeit der Regeneration und Reproduktion verkürzt sich mit zunehmender Höhe
bis auf oft weniger als 3 Monate.
Das bedeutet für alle Lebewesen, um überleben zu können: "Langsamer, aber länger Leben!".
Auch Tieren ergeht es nicht besser. Insekten aber auch manche Lurche u. a. reichern in ihrem Integument (Haut, Chitinpanzer) schwarze Farbstoffe ein, um sich vor der UV-Strahlung zu schützen und gleichzeitig die Sonnenwärme besser aufnehmen zu können. Die Gämsen erhöhen ihre Zahl von Blutkörperchen, sodass ihnen die geringe Sauerstoffspannung nichts ausmacht. Der hochgebirgstaugliche Alpensalamander benötigt für seine Entwicklung 4 Jahre und verbleibt ebenso lange im Mutterleib, den die kalten Temperaturen und der Wassermangel würde sie nicht überleben lassen. Kaum überschaubare andere Strategien haben sich im Laufe der Jahrmillionen entwickelt.
In der - nivalen Stufe - sind es nur mehr einzelne Pioniere mit besonderer Ausstattung, die ein Überleben sichern.
Das Alpenleinkraut z.B. ist eine arktisch-alpine Pflanze, die in Grönland bis zum 81. Grad nördlicher
Breite vorkommt. Auch die Kugelpolster der Mannschildarten, wie z.B. der Schweizer Mannschild - Androsace helvetica -
oder der Alpen-Mannschild - Androsace alpina - sind beispielhaft für eine pflanzliche
Hochgebirgsausrüstung. Alle sind sie Gratbewohner. Sie verteidigen sich durch die dicht
zusammengepressten Blattrosetten, die im Sommer die Funktion des Austrocknungsschutzes übernehmen.
Die violette Verfärbung der Blätter dient dem Lichtschutz.
Die Pflanzen, die uns am weitesten in die Eisregion verfolgen sind der
Gletscher-Petersbart - Geum reptans - mit seinen leuchtend gelben Blüten und roten Ablegern
und der Gletscherhahnenfuß - Ranunculus glacialis - den wir über 2.500 m antreffen. Sie
führen uns vorbildlich vor, wie bedeutsam in dieser Region eine vorschriftsmäßige hochalpine
Ausrüstung ist. Ohne Flaumhaare, ohne Wachsüberzug der Blätter, ohne großen unterirdischen Teile
und weiteren uns noch unbekannten Schutzmechanismen könnte hier keine Pflanze existieren.
Zur - Hocheiszeit - ragten aus dem "Gasteiner Gletscher" nur
die höchstgelegenen Bergspitzen heraus. Selbst die Woisgenscharte (2.443m) und der Mallnitzer-Tauern,
wo heute die - Hagener Hütte - steht, waren vom Eis überflossen.
In der letzten Zwischeneiszeit machte sich besonders die Wirkung des Spaltenfrostes geltend.
Der Schwerkraft folgend kam es zu - Bergzerreißungen - wie z. B. im Schlossalmgebiet und Felsbrüche größten Ausmaßes.
Damals ging ein gewaltiger Bergsturz auf das Gebiet der Schlossalm nieder, mit
17 Quadratkilometer einer der größten in den Hohen Tauern überhaupt.
Das Abbruchgebiet reicht aus der Gegend der Türchlwand - Lugenkogel - Siebenspitz -
Kirchleitenkogel und Schmugglerscharte bis zum Gamskogel. Die riesigen abgerissenen Schollen
bildeten den - Mauskarkogel - (Kalkglimmerschiefer) und den tiefer
gelegenen - Hirschkarkogel - (Grünschiefer).
Weiter Hang- und Felsrutschungen können im Kapitel - Postglaziale Bergstürze - nachgelesen werden.
Ein letzter Gletscher, welcher um 9000 v. Chr. bis Bad Bruck reichte ist durch die - Moränenwälle -
beiderseits von Bad Gastein, westlich der Bellevue-Alm (1.260 m) und östlich in der Nähe der
Windischkrätz beim Schachengut abgebildet. Die Gletscheroberfläche lag beiläufig 200 m über
der Pyrker-Höhe, wie die dortigen Gletschertöpfe beweisen.
In den Jahren 7000 bis 1000 v. Chr. folgte eine ausgesprochene Wärmezeit und die Waldgrenze dürfte
bis 2.300 m Höhe gereicht haben.
Erst im Mittelalter haben sich wieder Gletscher gebildet und die Waldgrenze
ist abgesunken. Nach abermaligem Gletscherschwund kam es zuletzt 1820 und 1850 zu neuen großen
Gletschervorstößen.
Seither gehen die Gletscher zurück. Die hierzulande als "Kees" bezeichneten Gletscher
sind dabei besonders stark betroffen.
Weiterführende und verwandte Themen : |
• Alpenflora - Subalpine-, alpine Vegetationsstufe
• Letzte Eiszeit - Postglaziale Entwicklung • Vegetationsentwicklung - postglazial • Altitudinale Zonierung - im Gasteinertal |
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Vegetation/Gasteinertal: Nivale Vegetationsstufe, Gletscherregion
© 2004 Anton Ernst Lafenthaler
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