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Gasteinertal, Hohe Tauern Geologie : Gasteinertal
Geologie - Gasteinertal

Hohe Tauern . Gasteinertal

Bergsturz Schlossalm

Schlossalm, Gasteinertal Im Rahmen einer Diplomarbeit (Frank Deffner, 1994) wurden bewegungsrelevante Trennflächen und Auflockerung des Gebirges, sowie die morphologischen Besonderheiten im Gebiet der Schlossalm und der Leidalm untersucht. Das Gebiet umfasst hier die Türchlwand bis zur Hirschkarspitze, das Schlossalm- und das Leidalmgebiet. Die Untersuchungen ergaben zusammenfassend, dass der Mauskarkopf und die Hirschkarspitze nicht das Ergebnis eines Bergsturzes ("Bergsturzschollen" bei Exner), sondern das Resultat eines Abgleitens großer Felsmassen unter Erhalt des Gefügeverbandes sind. Die Hangbewegungen im Schlossalmgebiet haben ihre Ursache in der hangwärts gerichteten Schieferung und der geringen Restscherfestigkeit der Schwarzphyllite entlang der Deckengrenze.

Massenbewegungen im Schlossalmgebiet

Grat Lugenkogel-Siebenspitz-Türchlwand Die großräumigen Hangrutschungen sind dabei vom Grat Lugenkogel-Siebenspitz-Türchlwand getrennt. Ausgangssituation der Massenbewegungen war die Klüftung durch Aufwölbung des Tauernfensters. Zur Ausräumung der Täler und Versteilung der Talflanken nach den vorgezeichneten Trennflächen (Schieferung, Klüftung) kommt es erst im Pleistozän durch eine Reihe von Vereisungen.
Es kam zur Zerlegung der langsam nach NO gleitenden Massen, wobei aufgrund der immer steiler einfallenden Bewegungsbahn (Deckengrenze und Schieferung) die weiter nordöstlich gelegenen Partien (Vorgipfel des Mauskarkopfs und Hirschkarspitze) größere Bewegungsgeschwindigkeiten aufwiesen als der Mauskarkopf selbst. Dabei wurde der Mauskarkopf 100 m, der Vorgipfel 180 m und die Hirschkarspitze 200 m bewegt. Durch diese unterschiedlich großen Bewegungen entstehen die Scharte zwischen Vorgipfel und Mauskarkopf sowie die Kleine Scharte.
Der Prozess schreitet in jeder Zwischeneiszeit (also auch im Holozän) fort, was zu einer so starken Auflockerung führt, dass es zu sekundären Rutschungen kommt. Die größte dieser Sekundärrutschungen ist an der Ostflanke der Hirschkarspitze zu finden.

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Lungkogelflanke - Hohe Scharte - Mauskarkopf - Kleine Scharte

Hohe Scharte - Mauskarkopf - Vorgipfel

Schlossalm, Mauskarkopf

Bei der Hohen Scharte sind die Felsmassen des Mauskarkopfs und der östlich gelegenen Schollen (inkl. Hirschkarspitze) von der Siebenspitze getrennt und um 100 - 150 m Luftlinie nach Ost-NO verschoben. Die Bewegung erfolgt an der Grenze Kalkglimmerschiefer-Kalkmarmore und Schwarzphyllit flach nach Nordosten, also entlang der tektonischen Überschiebungsbahn Obere/Unter Schieferhülle. Allerdings werden Teile der Schwarzphyllite von der Bewegung der oberen Gesteinsmassen erfasst, wie an der Westflanke des Mauskarkopfs, wo Teilschollen im Bereich der Hohen Scharte Staffelbrüche nach der Querklüftung der Schieferhülle verursachen. Die beim Abriss und dem Zurücksacken der Teilschollen entstandenen Spalten sind mit Schuttmassen verfüllt.

Hohe Scharte, Schlossalm Der Vorgipfel ist gegenüber dem Mauskarkopf nach ONO verschoben. Wiederum erfolgt der Abriss nach der Längsklüftung der Schieferhülle. Der relative Bewegungsbeitrag zwischen beiden Teilschollen ist kleiner als an der Hohen Scharte, relativ zur Siebenspitze muss sich der Vorgipfel des Mauskarkopf jedoch weiter bewegt haben als der Mauskarkopf. Neben den genannten Abrissen ist eine starke Zerlegung des Gebirges nach den gleichen Trennflächen zu beobachten. Kriechbewegungen und Sackungen in Richtung SO und NO sind ebenfalls vorhanden. Der Felsrücken südöstlich des Mauskarkopf weist bis zu 5 m breite Spalten auf. Generell ist der Mauskarkopf stark zerklüftet.

Auffällig die Hangzerreißung am Südhang des Vorgipfel des Mauskarkopf. Der obere Teil dieser Teilscholle ist langsam um 1-2 m nach NNO geglitten. Die Ostflanke bildet begehbare Spalten, die durch ein Auseinandergleiten des Gebirges nach NW und SO entstehen. Etwa 300 m östlich des Vorgipfel des Mauskarkopf kommt es zur Zerlegung in kubikmetergroße Kluftkörper.

Kleine Scharte - Hirschkarspitze

Schlossalm, Gasteinertal Eine weitere Zerlegung des Grates Mauskarkopf-Hirschkarspitze ist an der Kleinen Scharte zu beobachten. Am Hirschkar-Nordhang sind Kriechbewegungen, Sackungen und Rutschungen nach NNO zu beobachten. Der Hirschkar-Osthang bildet den östlichen Stirnbereich der nach ONO geglittenen Teilschollen. Unterhalb der Kleinen Scharte liegt ein Felssturz.

Felsrutschung nordöstlich der Hirschkarspitze

Vom Volumen der bewegten Massen gesehen erfolgte der größte Felsrutsch nordöstlich der Hirschkarspitze, dessen Trümmer bis ins Gasteinertal vorgedrungen sind. Die Ausbruchsnische liegt westlich der Aeroplanhütte mit einer Länge von 2,5 km. Ihr Scheitel liegt auf 1900 m, die Trümmermassen liegen verstreut zwischen 1300 m und der Talsohle. Der Rutschungsschutt weist etwa 1 km Breite zwischen der Talsohle und Haitzing auf mit einer Hangneigung bis 30°. Die rutschenden Massen müssen nach Nordosten talwärts bewegt und dabei teilweise Moränenmaterial mitgenommen haben. Nicht erfasstes Moränenmaterial liegt deshalb höher, liegt aber nicht auf dem Schuttmaterial, was im Gegensatz zu Exner auf eine postglaziale Rutschung schließen lässt.

Bergsturz, Hirschkarspitze Bergsturz, Hirschkarspitze Bergsturz, Hirschkarspitze
Felsrutschung nordöstlich der Hirschkarspitze
Schlussbetrachtungen

Mauskarkopf, Gasteinertal Das Gasteinertal wurde während mindestens vier Vereisungen von Gletschern ausgeräumt. Die glaziale Tiefenerosion war sicherlich die Ursache der Versteilung der Talflanken. Die Hangbewegungen fanden allerdings zwischen- und nacheiszeitlich statt, da während einer Vereisung das Eis als Widerlager für die instabilen Hänge dient. Der erste Abriss erfolgte wahrscheinlich im Bereich der Hohen Scharte. Die langsam ablaufenden Primärbewegungen an der tektonischen Grenze Obere/Untere Schieferhülle führen zu einer starken Auflockerung des Gebirges und begünstigen die Sekundärereignisse, die meist schnell ablaufen wie Rutschungen, Fels- und Bergstürze und Muren.
Die Ausdehnung der bewegten Massen in der Fläche liegt insgesamt bei 14,5 km2. Davon wurden unter Erhalt des Gefügeverbandes etwa 9,5 km2 bewegt. Die Sturz- und Rutschmassen erstrecken sich auf etwa 5 km2 Fläche.

Die höchstgelegenen Fundstellen von Leitgeschiebe mit Gneis befinden sich auf 1620 m. Die Hirschkarspitze war während der letzten Eiszeit sicher eisfrei; dafür sprechen die schroffen, scharfkantigen Felsformationen. Die Eisobergrenze während der Würm-Kaltzeit liegt im Bereich Bad Hofgastein wahrscheinlich zwischen 1900 und 2000 m. Die Moränen der Hauptvereisung überziehen den gesamten Osthang vom Tal bis auf eine Höhe von 1600 m (vom Bergsturz überlagert).

Exner beschreibt die Zerlegung in Teilschollen als "Bergsturzareal" bzw. als "Bergsturzschollen", welche in kurzen Abständen entstanden sind. Richtig scheint, dass die gesamte Morphologie das Ergebnis von großräumigen, langsamen Hangbewegungen unter Erhalt des Gefügeverbandes sind. Auch die größten (Sekundär-)Rutschungen (Osthang der Hirschkarspitze), auf die sich Exner bezieht, sind nicht vor, sondern nach der letzten Vereisung niedergegangen.

Siehe auch die Seiten:
- Ablagerungen - Erratica - Gneisblöcke
- Bewegungen - Bergsturz - Blockwerk
- Tektonik - Hohe Tauern - Skizze
- Geologie - Zentralalpen - Querschnitt

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Anmerkung: Beschreibungen und Textstellen der Geologie von Gastein wurden überwiegend den Publikationen von Dipl.-Geol. Frank Deffner, D-98559 Oberhof entnommen, welcher im Rahmen einer Diplomarbeit in den Jahren 1993 - 1994 die Geologie und die Massenbewegungen des Schlossalmgebietes untersuchte.

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Geologie der Zentralalpen/Gasteinertal: Bergsturz / Massenbewegungen
© 2007 by Anton Ernst Lafenthaler
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