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Zum Thema Brauchtum weist Sebastian Hinterseer auf die Besonderheit hin, dass trotz kirchlichen Einfluss seit Jahrhunderten viele
Bräuche erhalten geblieben sind, auch wenn sie sich verschiedentlich gewandelt haben.
Unzählige Rituale haben sich erhalten, insbesondere religiösen Inhaltes, auch wenn sie heute nur mehr von wenigen, meist der bäuerlichen Bevölkerung
wirklich noch ernsthaft betrieben werden.
So der Palmbusch, der zur Palmweihe in die Kirche getragen und danach, nach 3-maliger Umrundung des Wohnhauses, begleitet durch mehrere Gebetsstrophen
auf das Feld oder an den Türpfosten platziert wird, um Unglück abzuwehren,
wie S. Hinterseer zitiert (1a):
"Wer zur Weihe geht, den erschlägt kein Blitz, so ist der Glaube. Den Palmbaum steckt man
auf die Äcker und Wiesen, entweder in deren Mitte oder in die vier Ecken oder an Torpfosten, manchmal auch an Stellen in die Nähe der Häuser,
wo Lawinen oder das Wasser Unheil anrichten könnte, also in die Nähe gefährlicher Bäche und Lawinengänge. Auch das am Karsamstag geweihte Weichholz und
geweihte Ostereier werden an solchen Stellen vergraben. Dem Vieh wird geweihtes Salz, vermischt mit geweihtem Weizen, Korn oder Hafer, mit Zugabe von geweihten
kleinen Palmkätzchen eingegeben. Auch auf die Alm wird der geweihte Palmzweig ebenso mitgenommen, wie man dies mit Weichhölzern tut.
Dies soll Wetterunglück, Blitzschlag und Unglück mit dem Vieh fernhalten." -
Ein besonderer Tag ist auch der Gründonnerstag und Sebastian Hinterseer schreibt dazu (1b) :
"Die am Gründonnerstag gelegten Eier hieß man die 'Antlaßeier'. Sie sind es, die Schutz geben vor den Elementen Lawinen, Blitz und Ungewitter.
Sie erhielten daher eine besondere Farbe und wurden, wie schon erwähnt, an gefährdeten Stellen oder auf dem Feld vergraben.
Die Eier des Karfreitags dagegen schützen nach altem Glauben vor Krankheiten. Eines davon bleibt auf jeden Fall im Haus, und die Bäuerin achtet darauf,
daß womöglich jeder Hausbewohner eines davon ißt. Die Eier des Karsamstags wiederum schützen vor Feuer und werden gewöhnlich, wenigstens eines davon,
im Haus selbst von der Bäuerin aufbewahrt." -
Zahlreiche weitere Bräuche, wie z. B. die Speisenweihe am Ostersonntag, Maibaum und Maitanz und kirchliche Feste wie der Umzug am Fronleichnamsdonnerstag sind nach wie vor präsent.
Auch noch heidnische Bräuche wie z. B. das Sonnwendfeuer, aber ohne das früher übliche sog. Scheibenschlagen, das Abschleudern und Abrollenlassen durchlochter,
brennender Scheiben und das Feuerspringen mit dem Dirndl oder alleine.
Das sog. "Wetterläuten" der Speiseglocke am Dach der Gehöfde ist mittlerweile von der Kirchenglocke
übernommen worden, wobei schwere Schäden bei einem nahenden Unwetter
durch das Läuten dumpfer Glocken verhindert werden soll.
Leider Vergangenheit ist auch der Almabtrieb, der noch im vorigen Jahrhundert sehr verbreitet war, wenn auf der Alm alles gut gegangen ist und kein Vieh abgestürzt
oder durch Krankheit oder Unwetter zu Schaden gekommen ist.
Das Vieh wurde dabei feierlich mit Kränzen geschmückt, mit färbigen Bändern, mit Spiegeln und Blumen und so ins Tal getrieben.
Heute werden die Tiere unspektakulär mit Lastwagen oder div. Zugmaschinen von der Alm geholt.
Sicher nicht mehr Brauch im Gasteinertal ist der "Gaßltag", wo die Burschen an den sog. Knödltagen "fensterln" gingen.
Auch sämtliche Bräuche die Getreideeinbringung betreffend sind
mangels Getreide im Gasteinertal völlig verloren gegangen.
Auch das Weihbrunnsprühen, wobei der Altbauer oder die Bäuerin die ausziehenden Arbeiter mit Weihbrunn besprengt und viele andere, vor Unglück schützende Rituale gehören der
Vergangenheit an. Eble berichtet uns in seinem Gasteinbericht (1c, S. 268) :
"An Aberglauben und allerhand Volkssagen fehlt es hier natürlich auch nicht.
Der Glaube an Berg- und Alpengeister, Zwerge, die bösen Geister Butz , Dusel, die Prechtl, Klage, der Todtenvogel, dann das Verschreien, Verzaubern,
Nestelknüpfen, Loseln u. d. gl. sind Beweise dafür." -
Das Erntedankfest wird zuvor mit einem Festgottesdienst begonnen, wobei die reich verzierte Erntedankkrone von in Tracht gekleideten jungen Mädchen
zunächst beim Altar abgestellt wird. Zuvor wurden reichlich Gaben aus der Ernte und deren Produkten beim Altar niedergelegt. Dazu gehören, wie uns auch
Sebastian Hinterseer, 1977 berichtet: Butter, Käse, sonstige Milchprodukte, besonders schön geratene Früchte, Krautköpfe, Kohlrabi und Kartoffel.
Diese Gaben erhielt früher der Mesner.
Im 19. Jahrhundert wird von derartigen Umzügen nichts berichtet, schon aber
von einem Dankesfest, wo die ganze Familie und das Dienstgesinde teilhaben dürfen und sich eines besonderen Tages erfreuen.
Muchar, 1834 berichtet uns (2a) : "Wenn die Ernte auf Feld und Alpe vorüber ist, feiert jeder Hauswirth mit seiner
Familie und allem Dinstgesinde mit einem Dankfeste das Ende der mühevollen Arbeit und besserem Mittagessen, mit einem Trunke selbst erzeugten Branntweins,
und mit besserem Brote, Strüzeln, Wecken, welche gewöhnlich in schön gerundeten und mit Eindrücken verzierten Formen jede Hausmutter selbst bäckt.
Das Männer- und Weiberlandvolk im Gasteinerthal kleidet sich gewöhnlich und größtentheils von den eigenen Erzeugnissen ihrer
Landwirthschaft nach Zuschnitt und Eigenheiten,
welche die Erhaltung alter einheimischer Sitten beurkunden. Bei vielem noch ganz Nationalen haben sich jedoch die Reicheren und Wohlhabenderen
schon den Ausschweifungen der Mode und des Luxus ergeben."
Emil, 1827 berichtet uns ebenfalls (2b) : ". . . wenn die Ernte vorüber ist, feyert jeder Bauer mit
seinen Knechten und Mägden das Ende der mühevollen Arbeit. Man bäckt zu diesem Ende Strutzen und Wecken aus Weitzen, welche
jede Bäuerinn beliebig durch Eindrücke verziert. Der Branntwein, den sie aus den Heidevogelbeeren bereiten,
ist das Element ihrer Lustbarkeit. Auf gleiche Weise feyert jede Haushaltung die Feyertage."
Wann, wie und wo der Erntekankfest-Umzug erstmals durchgeführt wurde, ist nicht sicher nachzuweisen, aber es scheint, als sei es eine neuere Erfindung.
So berichtet uns Reinhard Kriechbaum und Monika Scherer, 2016 (2c):
"Die Idee für ein Erntedankfest kam erst mit der zunehmenden Verstädterung (und der damit verlorenen Bindung
an die althergebrachten Fürsprecher im Himmel) auf." -
und weiter heißt es aus einer Schrift von Leopold Teufelsbauer, 1933: - "Wo kein Erntedankfest sich findet, sollte es in bäuerlichen Gegenden
eine Ehrenaufgabe der Seelsorger wie auch des standesbewussten Bauerntums sein, dieses schöne Fest einzuführen." -
Das auffälligste Requisit ist die "Erntedankkrone", die ebenso wie die Erntedankgottesdienste erst nach dem 2. Weltkrieg eingeführt wurden.
Die Bauern selbst brauchten ein derartiges Erntedankspektakel grundsätzlich nicht. Notburge, Isidor, Georg. Leonhard, Jakobus, Bartholomäus, Hubertus waren
ihnen als Landwirtschafts- und Viehpatrone genug.
Und so finden sich auch keine derartigen Erntedankumzüge mit reich geschmückten Wägen oder gar einer Erntedankkrone.
Heute . . . Der Festzug beginnt zumindest im Gasteinertal mit Schafen, Kühen und Ziegen die den Almabtrieb symbolisieren.
Danach kommen die Schnalzer, gefolgt von einem herrlichen Pferdegespann mit dem Bürgermeister und seiner Frau, weiter angesehene Bauern
in lokaler Tracht, Hochwürden und die ortsansässigen Vereine.
Danach die Wägen der Handwerker die auch längst vergessene und nicht mehr ausgeübte Handwerksberufe darstellen und die Bauern, deren Ernte mit reich geschmückten
Wägen und deren Ernteprodukte beladen sind.
Im Mittelpunkt des Ereignisses steht die Erntedankkrone. Während des Umzuges werden Eigenprodukte an die Zuschauer, Einheimischen wie Gästen verteilt,
insbesondere Käse, Brot und Schnaps aus eigener Erzeugung.
Dieses Erntedankfest findet jedes Jahr im Herbst statt,
der Erntedankfestumzug hingegen nur alle 2 Jahre, abwechselnd in Bad Gastein und Bad Hofgastein.
• • • Querverweise - Gastein im Bild • • •
Erntedank-Umzug : www.gastein-im-bild.info/geernt09.html
Zum Thema Gasteiner Perchten berichtet uns Sebastian Hinterseer, 1970 nur folgenden Hinweis (3a) :
"Trotz eines Jahrtausends kirchlicher Einflüsse und christlicher Bräuche ist vieles von uralten Sitten und Gewohnheiten, wenn auch verschiedentlich gewandelt, bis
in unsere Tage herauf geblieben. Von besonderem Interesse ist da vor allem der hier in besonderer Weise gepflegte Brauch des Perchtenlaufes,
der alle vier Jahre durchgeführt wird."
Der Perchtenlauf in Gasteinertal, welcher nun seit 1898 regelmäßig alle 4 Jahre stattfindet, ist gekennzeichnet durch die schön geschmückten Kappenträger, der Domina Perchta und zahlreichen
mythologisch oder aber auch nur symbolisch geprägten Figuren und Masken, wie auf der Seite - Gasteiner Perchten - beschrieben.
Wie sich noch im vorigen Jahrhundert der Perchtenlauf gestaltet hat, beschreibt Heinrich von Zimburg, 1947 in seinem Buch - Perchtenlauf in der Gastein -
inklusive einem Bericht der Volkskundlerin Maria Andrée-Eysen, 1902.
Heute . . . im 21. Jahrhundert hat der Perchtenlauf immer noch einen hohen Stellenwert, nicht nur bei den Teilnehmern des Umzuges, sondern mindestens ebenso in der einheimischen Bevölkerung.
Lange Vorbereitungen sind notwendig, die der Perchtenhauptmann zu organisieren und zu koordinieren hat. Die bunten Kappen müssen zum Teil ausgebessert oder überhaupt
neu gestaltet werden. Wer G'sellin ist und wer die Kappen trägt, wer zum Hexentreiben verdammt und wer als Handwerker oder Bärentreiber bestimmt ist,
muss immer wieder neu entschieden werden. Zuletzt wird traditionsgemäß die Ordnung im Zug bzw. deren Reihenfolge festgelegt, allen voran die Rösslschnalzer, gefolgt vom Vorteufel und dem Glockenträger, welcher
den Kappenträgerzug voranschreitet.
Der Bärentreiber mit seinen zwei angeketteten Bären schließt den Kappenträgerzug ab.
Perchtenfiguren | ||||||||
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Die - Perchten-Figuren - haben unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen. Viele sollen germanischen Ursprungs sein, wie z.B. die Domina Perchta, mit ihrer "schönen" und "schiachen" Gesichts- und Körperhälfte oder der Glockenträger. Andere wieder haben die Funktion Platz für den Umzug zu schaffen oder einfach Einheimische wie Gäste zu belustigen und Glückwünsche zu erteilen. Die Kappen selbst haben nicht selten eine lange Tradition. Zwingend dabei sind immer auch die Schiachperchten, insbesondere der Klaubauf. |
Der Perchtenhauptmann mit der "Tanzl'musi'" erteilt die Referenzen, wünscht ein "Gutes Neues Jahr" und bedankt sich bei der Bevölkerung für allerlei Taten mit Handschlag und es folgt der Befehl: "Habt Euch"- was zu einer tiefen Verbeugung der Kappenträger Anlass gibt und die Tanz'lmusi' aufspielen lässt, während sich die Kappenträger mit der Domina Perchta im Kreise drehen. Diese sog. Referenzen erfolgen weit über 300 Mal während des Umzuges und erfordern unglaubliche Kondition und Kraft.
Hexen, Handwerker treiben allerlei Schabernacks, insbesondere die Schneider, die es auf Hauben und Hüte der neugierigen Zuschauer abgesehen haben. Wird eine derartige Kopfbedeckung mit der sog. "Streckschere" erwischt, gibt's diese natürlich nur mehr gegen eine kleine Spende zurück. Die Hl. Könige beeindrucken mit ihrem Gesang, Zapfenmandl, Kaminkehrer und Werchmandl erklimmen Dächer und werfen Schnee auf die Bevölkerung. Letztlich ist es König Herodes, welcher mit seinen Soldaten und Krampussen honorige Leute gefangen nimmt, sie zur Besserung mahnt und ihnen eine Geldspende abverlangt. Die jeweils am Umzug teilnehmenden, unterschiedlichen - Perchtenfiguren - bleiben im Wesentlichen über die Jahre gleich, können aber auch erweitert, ergänzt oder verändert werden. So wurden beim Umzug 2018 die Kappenträger um eine "Dorfgastein Kappe" erweitert und die Habergeiß konnte "4-beinig" präsentiert werden.
MUCHAR, 1830 schreibt in seinem Buch über die Perchten in Gastein im Abschnitt Sitten und Gebräuche (3b) :
"Mit Neujahr und im Fasching hindurch werden das Perchtenlaufen oder Perchtenspringen und das Kühtreiben als Faschingsmaskeraden mit allerlei
lustigen Schwänken und Possen bei hellem Tage und zur Nachtzeit getrieben. -
... - Das Perchtenlaufen ist nichts als ein possirlicher Maskenzug mit Tanzen und Springen, welchen rüstige Burschen zu 50, 100 bis 300 beim Tage aufführen,
von Ort zu Ort, von Haus zu Haus, die ganze Thalsgegend hüpfend und springend durchwandern."
Demnach wurde das "Perchtenlaufen" in früher Zeit wohl nicht immer als der Tradition behaftetes Ereignis gesehen und auch heute noch ist es für viele lediglich ein Spektakel.
Von den Teilnehmern selbst aber, und auch von vielen Einheimischen ist es ein tief verwurzelter Brauch mit noch heidnischem Gedankengut, auch wenn die Figuren
und das Treiben während des Umzuges manchmal wie ein "Faschingsspektakel" anmutet. Die guten Neujahrs- und Glückwünsche,
welche von den Perchtenteilnehmern mit Handschlag bekräftigt werden, sind auch im 21. Jahrhundert nicht wegzudenken.
• • • Querverweise - Gastein im Bild • • •
Gasteiner Perchtenfiguren : www.gastein-im-bild.info/geperchf.html
Gasteiner Perchten 2010 : www.gastein-im-bild.info/geperch4.html
Zimburg leitet zum Thema "Gasteiner Krampuslaufen" mit folgenden Satz ein (4a) :
"Wenn man in der Abenddämmerung des 5. Dezembers von Bad Gastein gegen das Kötschachtal geht, so kann man allenthalben das dumpfe Geläute von Glockenrollen hören,
das durch ein unheimliches Brüllen begleitet ist. Es sind die Krampuspassen, die sich in allen Dörfern und Weilern zum nächtlichen Krampuslaufen sammeln.
Dese Krampusse tragen nicht nur die Masken, Pelze und Glockenrollen der schiachen Perchten, sondern ihr ganzes Gehaben erinnert an das Treiben der Perchten anläßlich
der einstigen nächtlichen Perchtenläufe." - Es ist das Krampuslaufen in der ersten Raunacht (5. zum 6. Dezember).
Als heidnisch-germanischer Brauch zur Vertreibung böser Mächte kam im 10. Jahrhundert christliches Gedankengut hinzu, wobei nun der Hl. Nikolaus die bösen Geister bzw. den Teufel zu bändigen hatte.
Die "Paß", bestehend aus Nikolaus, Engel, Körbelträger und Krampussen ziehen schreiend, lärmend und johlend im Laufschritt von Haus zu Haus, von Hof zu Hof und von Dorf zu Dorf.
Der Nikolaus belohnt dabei die "braven", der Krampus bestraft die "schlimmen" mit Rutenschlägen und Zimburg schreibt (4b) :
"Auch beim Gasteiner Krampuslauf befindet sich mit ein Nikolaus in der Begleitung jeder dieser Krampuspassen, aber er spielt neben dem Rudel der tobenden, schreienden und lärmenden Krampusse nur eine untergeordnete,
kaum beachtete Nebenrolle."
Heute . . . im Jahr 2018 hat sich das "Krampuslaufen" im Gasteinertal besonders stark von den neu entstandenen
"Krampusspektakeln" außerhalb der Seitentäler abgegrenzt.
In Gastein sind alle Krampusmasken, die sog. "Köpfe" aus Holz geschnitzt mit zahlreichen Varianten, deren Phantasie keine Grenzen gesetzt aber trotzdem
eine gewisse Einheitlichkeit beibehalten bleibt, um den spezifischen Charakter der Gasteiner Krampusse zu erhalten. Dazu gehört auch das obligate Schaffell, die "Rollen" bzw.
sog. "Schellen" und die Bockhörner, die mittlerweile als kaum bezahlbar gelten.
Waren nach dem 2. Weltkrieg Engel nur in Bad Gastein Begleiter der Krampuspassen, sind sie in den letzten Jahren zunehmend auch bei den Hofgasteiner Passen zugegen.
Der Nikolaus behält das Kommando, Krampusse müssen seinen Anweisungen folgen. In den letzten Jahren
wurde es auch Sitte, dass die Krampusse sich während der Nikolaus seine Texte liest vor ihm niederknien, wohl damit ihr wildes und lärmendes Gehabe verstummt und
die Reden des Nikolaus nicht ungehört bleiben.
Zahlreiche Passen ziehen heute wie damals von Haus zu Haus, wobei jede einzelne Pass einer vorgegebenen Route folgt. So kommt es auch selten zu Zusammenkünften mehrerer Passen mit
deren unausweichlichen Rempelszenarien. Größere Raufereien und handfeste Rivalitätskämpfe waren früher die Regel, sind aber heute die Ausnahme.
• • • Querverweise - Gastein im Bild • • •
Gasteiner Krampuslauf : www.gastein-im-bild.info/gekrampu.html
Dazu berichtet uns Emil, 1827 in seinen Reisehandbuch (5a):
Von Mayfesten, Maybäumen wissen die Gasteiner nichts, desto kindlicher hingen sie einst an
dem Stern- oder Advent-Singen, wobei den Sängern Branntwein und Brot verabreicht ward;
dermahl wird es nur noch von Kindern ausgeübt.
Heute . . . im Jahr 2018 sind nach wie vor die sog. "Sternsinger" unterwegs, initiiert und organisiert von der katholischen Kirche.
Sie ziehen, insbesondere nach Weihnachten bis zum Dreikönigstag von Haus zu Haus
und singen ihre Lieder, sprechen ein Gebet oder lesen Gedichte vor.
Mit geweihter Kreide werden die Buchstaben "C + M + B" mit der Jahreszahl auf Haustüren oder dem Türbalken gemalt.
Die Spenden dazu werden von der Kirche verwaltet. Es gibt im Gasteinertal mittlerweile auch Privatinitiativen, wobei sich Einheimische
zusammenfinden, die schon in der Adventzeit Familien besuchen und ihre Lieder mit instrumentaler Begleitung vorbringen.
Muchar berichtet uns in seinem Buch, 1834 (6a): Die gewöhnlichen Hochzeiten sind in diesem Thale durch keine besonderen Gebräuche ausgezeichnet. Bei den Hochzeiten der wohlhabenderen Landwirthe allein nur ist die echt nationale Kleidertracht in ihrem Prunk, die Geleitschaft und der Zug der Braut bis zum Gasthause merkwürdig. Einem solchen Zuge gehen immer mehrere, zu 10 und 15 Vorreiter voraus, welche auf dem ganzen Wege und vor dem Gasthause selbst ununterbrochen mit großen, 2 bis 3 Klafter langen Peitschen, welche sie mit Kraft und Gewandtheit schwingen, knallen, und damit großen Lärm und Tumult machen.
Bei Sebastian Hinterseer (6b) ist nachzulesen, dass am Hochzeitsmorgen Pferd und Wagen geschmückt
bereitstehen und - "von weitum die Leute schon in ihren Festtagsgewändern in aller Herrgottsfrühe in den Heimatort zum althergebrachten Frühstück,
bestehend aus Klotzenbrot, Käse und Schnaps, aus Kaffee und "Bacherei" - erscheinen.
Musikleute mit ihren Trachten finden sich ein; ebenso die
Vorreiter mit ihren "Goaßln" (lange Peitschen mit gespaltenen Schnüren),
mit welchen sie auf dem ganzen Wege im Takte schnalzen. Und weiter ist nachzulesen:
"Nach alter Ordnung gehen beim Hochzeitszuge hinter der Musik die "Dimmling", das sind die Brüder der Braut,
nach altem Herkommen mit einem Tuch auf dem Hute zu ihrer Kennzeichnung, dann die Jungmänner mit dem
Bräutigam und die alten Mannerleut. Ihnen folgen die Kranzljungfern mit der Braut, dem Brautführer
und den Brautjungfern und alle die anderen geladenen Frauen, alte und junge, in ihren Gasteiner Trachten.
Da und dort wird inzwischen von lustigen Leuten die Straße mit einem Strick gesperrt und
der Hochzeitszug aufgehalten. Die einen führen dabei einen Kinderwagen vor
mit einer "Werchpoppin", die fürchterlich schreit, die anderen treiben sonst irgendeinen
Schabernack zum Gaudium der Zuschauer.
In der Kirche erhält jeder Hochzeitsgast beim Opfergang einen Schluck Wein - kredenzt von den "Dimmlingen".
Noch einmal zieht man dann nach der eigentlichen Trauung mit Musik durch den Ort zum "Kranzltanz",
den wieder die Brüder der Braut eröffnen und an den sich "Mahl" und "Kranzlzeche" anschließen.
Dann beginnt das "Weisen", Gratulieren und Schenken. Naturalien sind da und brauchbare Dinge,
aber auch Geld wird gegeben." -
Bei der großen Abendunterhaltung nehmen oft mehrere hundert
Gäste teil. Im Verlaufe dieser Zeit wird die Braut auch mehrmals "gestohlen" d. h., die Braut wird durch meist gute Bekannte in ein anderes Gasthaus
"entführt", wo weiter mit ihr gezecht wird. Zur Abendunterhaltung berichtet uns S. Hinterseer:
"Einige verkleiden sich als Braut und Bräutigam, als Brautmutter und Brautvater, und der "Bojazl", der Spaßmacher
mit seinem Schellengeläut und seiner "Wurfpoppin" und seinem Besen, ist selbstverständlich auch dabei.
Nach einer langen Liste wird der gereimte Glückwunsch verlesen und dann mit allem möglichen Schabernack begonnen.
Was die Braut alles angestellt hat und erst der Bräutigam, das hört man alles in Versen vorgesagt und vorgesungen.
Um Mitternacht erst verabschieden sich die Brautleute unter nochmaligem Brauttanz und neuerlichem Absingen des Brautliedes."
Auch wenn bei Sebastian Hinterseer, 1977 nachzulesen ist, dass es im Gasteinertal immer schon Maibäume bzw. Maifeste gegeben hätte, so
berichtet uns Emil, 1827 in seinen Reisehandbuch folgenden Satz (7a): Von Mayfesten, Maybäumen wissen die Gasteiner nichts . . . -
Das es schon vorher Maibäume gegeben haben muss, beweist eine Verordnung aus dem 18. Jahrhundert, wonach in der Waldordung (Landrecht von Gastein, 1792)
folgendes geschrieben steht (7b): "Maybäume zu setzen ist bey Straffe eines Gerichtswandels verbothen."..
In früheren Zeiten wurde der Maibaum mit langen Stangen und Seilen aufgestellt, wozu es viele Helfer brauchte.
Heute wird bei uns im Gasteinertal der Maibaum zumindest in Bad Hofgastein durch einen Kran relativ unspektakulär aufgerichtet.
Der Maibaum selbst wird alljährlich neu dem Wald entnommen, geschält und zum Aufstellplatz gefahren.
Gleichzeitig wird er mit drei am oberen Ende des Maibaumes befestigten Kränzen aus Fichtenästen geschmückt.
Mindestens 1 Meter muss er in die Erde versenkt und stabilisiert werden. Danach wird er bis zum nächsten Morgen bewacht, denn er darf -
meist von übermütigen Burschen ausgeübt - in den Nachtstunden "angeschnitten" werden.
Maibaum - Aufstellen in der Alpenarena | ||||
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Am Vortag des 1. Mai muss der Maibaum für das Maifest aufgestellt werden. Dazu sind ein Kran und einige kräftige Hände notwendig. |
Erzbischof Paris Lodron besuchte in Begleitung des Kurfürsten von Bayern samt Gemahlin 1631 und 1632 Bad Gastein und, wie Zimburg (8a) berichtet
auch den Schwerttanz der Knappen, wofür diese 10 Thaler erhielten.
Herzog Albrecht VI. von Bayern weilte nachweislich 1632 in Bad Gastein zur Kur.
Er besichtigte auch die Poch- und Waschwerke des Goldbergbaues. Bei dieser Gelegenheit waren die Bergknappen korporativ aufmarschiert und führten einen Schwerttanz vor,
was dem Herzog 24 Gulden, davon einen für Brot, 23 für Wein! - entlockte. (8b) -
Weiter berichtet uns Fritz Gruber zum sog. Rüpelspiel: "Im Jahr 1621 hatten die Knappen einen Schwerttanz im Fasching, was den
Zusammenhang mit dem sogenannten "Rüpelspiel" erklärt, das dem eigentlichen Schwerttanz voranging, wobei
es zu einer Verulkung der als derb und weniger "fein" dargestellten Bauern kommt." -
Die Knappen waren immer auch mit dem Bauernleben eng verbunden, entweder
durch Heirat von Bauerstöchtern oder als Helfer bei der Heuarbeit oder gar als Besitzer einer kleinen Landwirtschaft.
Mit dem Rüpelspiel ironisierten sich die stets auch mit der Landwirtschaft verbundenen Knappen aber wohl selbst, wie Fritz Gruber schreibt.
Wenn die Knappen aber vor besonders hohen, prominenten Persönlichkeiten auftraten, entfiel das Rüpelspiel und es wurde nur der eigentliche Schwerttanz aufgeführt.
Mehrere Auftritte wurden dabei auch im Markt Hofgastein, dem ehem. Rendl Hof (Besitzer Caspar Rendl) abgehalten, wie auch während des Aufenthaltes von Herzog Albrecht VI. im Wildbad,
wie auch Muchar berichtet. (8c) -
Der so damals bekannte "Gasteiner Schwerttanz" geriet in den folgenden Jahrhunderten aber in Vergessenheit und
scheint nicht mehr nachweislich überliefert, sodass über den damaligen "Schwerttanz" nichts mehr bekannt ist.
Muchar zitiert zur damaligen Kleidung der Gewerken (8d):
"Nach den in dem Gasthause zu St. Niklas befindlichen Votivbildern, waren die wohlhabenderen Besitzer
im Wildbade nach der Weise der alten Gewerken, schwarz mit kurzen Röcken, Mänteln, weißen Halskollern,
mit Bärten und Spitzhüten, und eben so ihre weiblichen Angehörigen bekleidet; von den anderen, gmeineren Standes,
erschienen die Männer mit Bärten, weißen Halskrägen, grünem, vorne zugeknöpften, kurzen Rock, in grünen Beinkleidern,
Strümpfen und Bundschuhen - die Weiber durchaus in schwarzen Kleidern."
Heute . . . im Jahr 1979 wurde erstmals wieder in Böckstein ein Schwerttanz aufgeführt, welcher nach dem
Vorbild des Ebenseer-Schwerttanzes unter Anleitung von Frau Prof. Ilka Peter
mit mehreren engagierten Böcksteinern neu einstudiert wurde - nach einer aus dem Jahre 1937 stammenden Fassung von Dr. Hans Commenda, wie die Gasteiner Rundschau, 2018 berichtet.
Dieser wird alljährlich im Rahmen eines 3-tägigen Volks- und Knappenfestes immer am 1. Sonntag im September in Alt-Böckstein aufgeführt.
Der Auftritt beginnt, nachdem mehrere Persönlichkeiten mit ihrer Rede das Fest eröffnen mit dem bereits
erwähnten Rüpelspiel, wobei jeder Bergmann noch vorne tritt und
seine Reime kundtut. Ein begleitender Mann in Harlekinkleidern fordert die Knappen jeweils auf nach vorne zu treten und ihr Anliegen vorzutragen.
Dabei werden immer wieder Schwertkämpfe ausgetragen. Erst nach diesem sog "Rüpelspiel"
schließt der Schwerttanz an, welcher mit dem Kreisgang beginnt und von der Knappenmusik begleitet wird. Von den 10 teilnehmenden, jeweils ein Schwert tragenden Knappen erfolgt am Ende der
Darbietung die Ehrung des Hauptmannes, indem er auf 10 gekreuzten Schwertern in die Höhe gehoben wird.
• • • Querverweise - Gastein im Bild • • •
Gasteiner Tracht : www.gastein-im-bild.info/getracht.html
Schwerttanz 2019 | |||
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Im Jahr 2019 wurde zu der Bühne im Montanzentrum Böckstein auch noch ein großes Festzelt aufgestellt und Einheimische wie Gäste kulinarisch versorgt. |
Weiterführende und verwandte Themen : |
Gastein im Bild |
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• Christliches Fest - Erntedankfest - 2007
• Festumzug - Erntedank - 2009 • Kirchenfest - Fronleichnamsprozession - 2008 • Schiach-Perchten - Gasteiner Krampuslauf - • Perchtenumzug - Gasteiner Perchten - • Lebensgewohnheiten - Gasteiner Tracht - |
Literatur : Die Informationen der oben angeführten Themenbereiche sind teilweise dem Buch: "Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins" von Sebastian Hinterseer, 1977 - dem Buch: "Die Geschichte Gasteins und des Gasteiner Tales" von Heinrich von Zimburg, 1948 - und dem Buch "Salzburger Brauch" von Reinhard Kriechbaum/Erika Scherer, Rupertus-Verlag 2016 - entnommen.
Quellenangaben :
1a,b - Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins von Sebastian Hinterseer, 1977, S. 651
1c - Die Bäder zu GASTEIN von Burkart Eble, 1834, S. 268
2a - Das Thal und Warmbad Gastein von Dr. Albert von Muchar 1834, S. 132 - 133
2b - Thal und Wildbad Gastein, Reise-Handbuch von Emil 1827, S. 354 - 355
2c - Salzburger Brauch von Reinhard Kriechbaum/Erika Scherer 2016, S.246 -248
3a - Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins von Sebastian Hinterseer, 1977, S. 648
3b - Das Thal und Warmbad Gastein von Dr. Albert von Muchar 1834, S. 147
4a,b - Der Perchtenlauf in der Gastein" von Heinrich von Zimburg, 1947, S. 43, 44
5a - Thal und Wildbad Gastein, Reise-Handbuch von Emil 1827, S. 354
6a - Das Thal und Warmbad Gastein von Dr. Albert von Muchar 1834, S. 146
6b - Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins von Sebastian Hinterseer, 1977, S. 659
7a - Thal und Wildbad Gastein, Reise-Handbuch von Emil 1827, S. 354
7b - Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins von Sebastian Hinterseer, 1977, S. 371
8a - Die Geschichte Gasteins und des Gasteiner Tales" von Heinrich von Zimburg, 1948, S. 147
8b - Mosaiksteine zur Geschichte Gasteins und seiner Salzburger Umgebung" von Fritz Gruber, Eigenverlag 2012, S. 310, 312 - 313
8c,d - Das Thal und Warmbad Gastein von Dr. Albert von Muchar 1834, S. 96, 114
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